Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik 2001
Preis der deutschen Schallplattenkritik, Bestenliste 2/2001
Stereoplay, CD des Monats
Fono Forum, Stern des Monats
Jazzman, Choc du mois
The Norwegian saxophonist Trygve Seim grew up in the provincial coastal city of Trondheim. It was calm and quiet, there were no crowds and he could hike in the wooded hills, with their trails and camp-sites. He really liked it there. Just released, Seim's first album as a leader - Different Rivers - sounds organized and clean, cold and uncrowded like that. ... Different Rivers is melancholy, lonely, hypnotizing music - harder to escape from than to listen to. Like a fireplace in an ice palace, you get hooked on it; it's almost physical. ... Seim's version of the ECM sound presents a wind-instrument chamber ensemble, a sort of slow-floating, pianissimo little-big band with occasional understated kicks. The shadow of Gil Evans hovers. The hornblowers finesse their personal, breathy, nonsymphonic textures from behind the beat.
Mike Zwerin, International Herald Tribune
An extended band deliver a remarkable sequence of tone-trances, at times faintly suggestive of Carla Bley and Gil Evans, but based on very small melodic motifs, given strength and mesmeric fascination by progressive harmonic overlays and tonal variation. Ulrikas Dans is a six-note ascending figure that turns into a surging clamour of sound, Intangible Waltz like Carla Bley drifting through musical dry ice, African Sunrise like exuberant Gild Evans and For Edward and Breathe as still and focused as a yoga meditation. Wonderful.
John Fordham, The Guardian (Jazz CD of the week)
Ein Neuer im Club - Trygve Seim, gerade dreißig Jahre alt, Tenor- und Sopransaxofonist. ... Ein cooler Kopf neben der Aufregung der Dancefloor-Jazz-Fusion - ein Klangarchitekt, der mit konventionellem Baumaterial, mit zwölf Musikern und natürlichen Klängen, erstaunliche Gebilde voll überraschender Räume schafft. Disziplin und Freiheit verbünden sich auf Different Rivers: Seims Debüt als Bandleader bringt dank konzentrierter Technik viele Facetten des Ensembles zum Glitzern.
Stefan Hentz, Financial Times Deutschland
Seims musikalische Sprache konfrontiert, neben aller kompositorischen Raffinesse, mit einer bestürzend intimen Saxophonstimme ' einer, die sich keineswegs in Garbareks Fahrwasser einordnen und abhaken lässt. Hier hat jemand seinen eigenen Ton gefunden: volltönend, warmherzig, dabei durchaus jubilierend mit ironischer Attitude und (wie könnte es bei einem Skandinavier anders sein) klagend, melancholisch bis ins forcierte Überblasen hinein. Es gibt Schatten abzuwerfen in dieser übermächtigen nordischen Jazz-Tradition, aber Trygve Seim kann die Geister kontrollieren, die er ruft - jetzt schon! Er spielt, unterhält sich mit ihnen, fordert sie heraus; ein gefährliches, aber wunderbar geglücktes Unterfangen.
Tilman Urbach, Fono Forum
Mit dem Lamento Sorrows beginnt das erste Album von Trygve Seim unter eigenem Namen, der getragen schreitende Tonfall wird sich nicht mehr ändern: nicht im summbaren Ulrikas Dans, nicht im verwunschenen Tonmärchen Intangible Waltz, nicht in der minimalistischen Coltrane-Ekstase von The Aftermath/African Sunrise. Und doch herrscht hier nicht Trauer, sondern beschwingte Schwermut. Der 1971 in Oslo geborene Saxofonist vereint auf Different Rivers drei Ströme, die unter verschiedenen Vorzeichen immer häufiger zusammenlaufen: die Kammermusik des Cool-Jazz, die volksliedhafte Melodik und die schwebenden Klänge der elektronischen Ambient-Konstrukteure, denen ein dritter Ton schon fast als geschwätzig gilt. ... Das Schöne daran: Alle Stücke ' mehr komponiert als improvisiert - sind unterirdisch von Nebenflüssen durchzogen. Dies können Klangschlieren eines Akkordeons sein, kontrollierte Ausbrüche des Saxofons, die atmende Trompete von Arve Henriksen oder die Stimme von Sidsel Endresen. "Breathe and you know you are alive" spricht sie im Gedicht von Annabel Laity zur rosenkranzartig wiederholten Tonfolge der Bläser. "Atem wäre kein schlechter Titel des Albums gewesen."
Konrad Heidkamp, Die Zeit
Die konzeptionelle Reife und die klangliche Ausgewogenheit des Debütalbums überrascht. Ungewöhnlich bereits die Besetzung: überwiegend Blasinstrumente, deren Stimmen entweder, wie im Titelstück, meisterhaft im Overdub-Verfahren montiert oder, wie im Opener Sorrows, dicht und dabei wunderbar fließend gesetzt sind. ... Auffällig für einen Musiker, der seine Wurzeln in der freien Improvisation hat, ist der hohe Anteil an auskomponierten Teilen. Und das ist gut so: Denn wer sich seiner Ideen und Gedanken derart sicher ist und sie so überaus präzise und voller musikalischer Poesie auszuformulieren versteht, der sollte nur so viel dem Zufall überlassen, wie das Konzept zum Spannungserhalt benötigt. Eine erstklassige, eine begeisternde Einspielung, die hiermit wärmstens empfohlen sei.
Volker Doberstein, Jazzpodium
Trygve Seim komponiert, spielt Tenorsaxophon und Sopransaxophon, mit einem eigenen Ton, der in keinem Moment die übermächtige Saxophonlegende Norwegens imitiert, sie allenfalls en passant grüßt. Die Kompositionen strahlen eine Ruhe aus, dass man ihre Bezugssysteme eher im asiatischen Raum ansiedeln möchte. ... Melodischen Reichtum zelebriert auch Trygve Seim, wenn er die sanglichen Segmente dehnt, bis sie purer Klang sind, oder sie kreisen lässt wie hypnotische Formeln! Die Blasinstrumente agieren zuweilen wie ein Chor aus und reihen Gesang an Gesang. Ob in mehreren Duetten mit dem exzellenten Trompeter Arve Henriksen, ob in bläserreicher Umgebung oder zusammen mit der Sängerin Sidsel Endresen: Different Rivers ist ein abenteuerliches Unterfangen zeitgenössischer Kompositionskunst.
Michael Engelbrecht, Jazzthetik
Different Rivers vermag mit seinen komplexen Bläsersätzen, mit der verhaltenen Melodik und melancholischen Grundstimmung sowie einigen überraschenden Arrangier-Ideen den Hörer nachhaltig zu beeindrucken. Dies liegt auch daran, dass es ECM-Hausingenieur Jan Erik Kongshaug gelang, das vielschichtige Miteinander der diversen Blasinstrumente in einen makellosen, warmen Sound zu hüllen. Unwiderstehlich gerieten die drei Titel in kleiner Besetzung: Bhavana, For Edward und Between - zarte Dialoge von Seims Saxofon mit Arve Henriksens Trompete respektive "Trumpophone". Andächtige Stille fordert auch Track 9, in dem die Sängerin Sidsel Endresen das Gedicht Breathe zu einer leisen, hymnischen Instrumentalbegleitung rezitiert. Der Atem, der durch diese Aufnahmen weht, kündet von einem faszinierenden Talent.
Matthias Inhoffen, Stereoplay