Schubert's music has an immediate impact. No one has expressed this more forcefully than Theodor Adorno in his early essay of 1928: 'Confronted with Schubert's music, tears fall from our eyes before the soul is even consulted. That is how solidly and unmetaphorically it affects us.' It would be wrong, however, to take this as a plea for sentimentality, allowing pianists to claim, as Ulrich Schreiber once put it, 'the right to lend the score a helping hand by improving it'. To avoid this dilemma, one thing above all is helpful, in addition to pianistic skill and aesthetic sensibilities: archival research. Not least of all this involves the questions of which instruments Schubert played upon, which surroundings his works were performed in, what social groupings they were conceived for and what sound-ideals this imposed on him.
The Hungarian pianist András Schiff has long been concerned with period performance practice. At first, however, the musical results of the research into authentic sound left him unconvinced. Since then his initial qualms, sparked by the dogmatism of the original practitioners and the poor state of many historical instruments, has virtually given way to a gusto for period instruments. A change of heart was prompted above all by his experience with Mozart's hammerklavier, which he was allowed to play in the composer's birth-house in Salzburg – 'at once a privilege and an unforgettable experience'. Only on this instrument, where Mozart probed the limits of the keyboard and the piano’s potential, does the revolutionary character of his music come fully to the fore.
Nor did Schiff play his spectacular double-recording of Beethoven's Diabelli Variations on a modern Steinway. Instead he chose two earlier instruments: a hammerflügel from Beethoven's day, which gives full play to the composer's rich sonic universe, and an original Bechstein grand of 1921, with a sound-ideal virtually nonexistent today.
For the present recording of works by Franz Schubert, the pianist has again chosen a Viennese hammerflügel built by Franz Brodmann in 1820. Anyone listening to his interpretations will be surprised at the instrument's ability to bring out the gentle, wistful songfulness of Schubert's music, a quality far removed from Biedermeier sentimentality. Above all, the instrument is capable of rendering the huge range and myriad gradations of Schubert's dynamics down to the softest pianissimo. This is due in particular to the moderator pedal (a feature no longer found on today's instruments), which places a piece of cloth between the hammers and the strings, muting the attack and the sound in an almost mystical manner.
Indeed, the recordings on this instrument lack all false brilliance and any neutralising equilibration of the registers. We feel we are listening to Schubert for the first time, perhaps as he heard his own playing, with silvery high registers, a warm timbre in the mid-range and a dry, almost laconic bass. Most of all, the works, especially the highly popular Moments musicaux and Impromptus, benefit from an instrumental character defined more by rounded consonance than by the isolated note. Even the light folk-like inflection found, for example, in many passages of the G-major Sonata seems perfectly natural, not as if Schiff had to curtail the instrument’s fulsome sonority in order to accommodate unadorned expression.
Incidentally, the Brodmann instrument was formerly owned by the Austro-Hungarian imperial family. Charles I, the last emperor of Austria and king of Hungary, took it with him when he entered his Swiss exile in 1919. In 1965 it was carefully restored in Basel, and in 2010 it was purchased by András Schiff, who placed it on permanent loan to the Beethovenhaus in Bonn, of which he is an honorary member.
Schuberts Musik wirkt unmittelbar. Keiner hat das drastischer ausgedrückt als Theodor Adorno in seinem frühen Essay aus dem Jahr 1928: „Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen: so unbildlich und real fällt sie in uns ein.“
Fatal wäre es, daraus ein Plädoyer für Larmoyanz und Gefühlsseligkeit abzuleiten, woraus Pianisten dann gar, wie es Ulrich Schreiber formulierte, „das Recht auf helfende Verbesserung des Komponierten“ für sich in Anspruch nehmen könnten, um doch nichts als interpretatorische Willkür zu produzieren oder gar die Größe der Schubertschen Werke biedermeierlich zu relativieren.
Um diesem Dilemma zu entgehen, hilft neben pianistischer Kompetenz und ästhetischem Gespür vor allem eins: philologische Recherche. Und die betrifft nicht zuletzt auch die Frage, auf welchen Instrumenten Schubert gespielt hat, in welchem Rahmen seine Werke aufgeführt oder für welche gesellschaftliche Konstellation sie gedacht waren und welche Klangvorstellungen sich für ihn selbst daraus ergaben.
Der ungarische Pianist András Schiff hat sich lange schon mit historischer Aufführungspraxis beschäftigt, ohne doch selbst anfangs von den musikalischen Ergebnissen dieser Forschungsarbeit am authentischen Klang überzeugt zu sein. Seine ursprüngliche Skepsis, die sich am Dogmatismus der Originalklangverfechter ebenso entzündete wie am schlechten Zustand vieler historischer Instrumente, ist mittlerweile geradezu einer Begeisterung für alte Instrumente gewichen.
Ausgelöst wurde der Sinneswandel vor allem durch seine Erfahrung mit dem Hammerklavier von Mozart, das er in dessen Geburtshaus in Salzburg spielen konnte. Auch seine spektakuläre Doppeleinspielung der Beethovenschen Diabelli-Variationen hat András Schiff kürzlich nicht auf einem modernen Steinway durchgeführt, vielmehr auf zwei älteren Instrumenten: einem Hammerflügel aus der Zeit Beethovens, der die ganze reiche Klangwelt des Komponisten aufscheinen lässt, und einem originalen Bechsteinflügel von 1921, der ein nahezu vergessenes Klangideal darstellt.
Die vorliegenden Aufnahmen mit Werken von Franz Schubert hat der vielfach preisgekrönte Pianist nun ebenfalls auf seinem Wiener Hammerflügel von Franz Brodmann aus dem Jahr 1820 eingespielt. Und wer die Interpretationen hört, wird überrascht sein, wie sehr dieses Instrument die sanfte, melancholische Sanglichkeit der Werke Schuberts herauszustellen vermag, die nichts von biedermeierlicher Sentimentalität aufweisen. Vor allem die enorme Differenziertheit der Dynamik bis ins leiseste Pianissimo vermag dieses Instrument zu realisieren, besonders durch das (auf heutigen Instrumenten nicht mehr vorhandene) Moderatorpedal, bei dem sich durch ein Stück Tuch, das zwischen den Hammer und die drei Saiten geschoben wird, Anschlag und Klang auf nahezu mystische Weise abdämpfen lassen.
Überhaupt gibt es bei der Einspielung auf diesem Instrument keine falsche Brillanz und auch keine neutralisierende Ausgeglichenheit der Register. Man hat die Vorstellung, Schubert zum ersten Mal so zu hören, wie er sich möglicherweise selbst gehört hat – mit silbrigen Höhen, einem warmen Timbre in der Mittellage und einem eher trocken-lakonischen Bass. Vor allem kommt den Werken – in erster Linie den überaus populären Moments musicaux und den Impromptus – ein Instrumentalcharakter zugute, der mehr vom runden Zusammenklang als vom isolierten Ton bestimmt wird. Auch der leichte Volkston, etwa in manchen Partien der G-Dur-Sonate, erscheint vollkommen natürlich, keineswegs so, als müsse András Schiff die Klangfülle des Instruments zurückhalten, um der Schlichtheit des Ausdrucks gerecht werden zu können.
Wenn András Schiff nach seiner Einspielung von Fantasien Franz Schuberts für ECM nun neben den Moments musicaux und den Impromptus zwei Sonaten von Schubert aufgenommen hat (von den mehr als zwanzig Klaviersonaten des Komponisten ist im übrigen nahezu die Hälfte unvollendet geblieben), dann liegt darin auch eine innermusikalische Konsequenz. Denn man darf die Formbezeichnung bei Schubert nicht allzu streng nehmen. Improvisatorische Elemente und architektonische Konstruktionen schneiden quer durch die Genres. Beethovens Charakterisierung „Sonata quasi una Fantasia“ könnte jedenfalls auch für manche Werke Schuberts gelten. Bezeichnenderweise hat Robert Schumann selbst bei den beiden ersten Impromptus D. 935 die Ansicht vertreten, es seien nicht selbständige Charakterstücke, vielmehr die ersten beiden Sätze einer fiktiven Sonate.