Die Performances auf ‘Imaginary Cycle’ durchzieht eine hohe Konzentration und eine andächtige, fast sakrale Qualität, die auch in der schlichten Titelgebung aufgegriffen wird: ‘Opening’, ‘Word’, ‘Sacrifice’, ‘Blessing’. Musik für ein imaginäres Ritual, eine Liturgie. Entfernte Echos von Florian Webers Kindheit – er wuchs als Sohn eines klassischen Pianisten und einer Opernsängerin auf, mit Kirchenmusik und dem Repertoire von Barock bis klassischer Moderne. Seine Soli auf ‘Imaginary Cycle’ verraten diese tiefen Wurzeln in der Klassik. Taktile, blitzschnelle Dynamik, bemerkenswertes Formgespür und virtuose Technik – vor allem die beidhändigen Polyphonien verblüffen, insbesondere wenn man erfährt, dass sie spontan improvisiert sind. […] Florian Weber und dem Produzenten Manfred Eicher ist mit ‘Imaginary Cycles’ ein eigenwilliges und anrührendes Werk gelungen, das ganz organisch die Grenzen zwischen Kammermusik und zeitgenössischem Jazz, zwischen Fixiertem und Spontanem verwischt – wie auch die Frequenzen der tiefen Blasinstrumente und der Solisten immer wieder ineinanderlaufen, verschwimmen und sich wieder voneinander lösen, als fände das Geschehen an einem nahen Horizont statt, als gäbe die Musik dem Ohr nicht alles preis.
Niklas Wandt, Deutschlandfunk
Kategorien wie Jazz oder Klassik, Komposition oder Improvisation lässt ‘Imaginary Cycle’ weit hinter sich. Weber hat Musik von Gesualdo und Orlando di Lasso für dieses Album studiert, sich aber auch bei Anton Bruckner umgehört, um zu lernen, was er mit Bläsern anstellen kann. Eine außergewöhnliche Mischung also. Die ist entstanden, weil das Album beim Münchner Label ECM erscheint und dessen Chef Manfred Eicher maßgeblich am Konzept und an der Klanglichkeit des imaginären Zyklus mitgewirkt hat. […] Weber sucht eben beständig neue Klangwelten, und diese Suche hat ihn zwangsläufig zu ‘Imaginary Cycle’ geführt. Alte, historische Formen treffen auf zeitgenössische Improvisation, tiefe Bläser erweitern den Klangraum des Klaviers und eröffnen gleichzeitig neue Freiheiten des Spiels. ‘Atmosphäre entsteht durch das Verhältnis der Dinge zueinander’, sagt er. Was er damit meint, kann man auf dem neuen Album hören.
Ralf Döring, Jazzthetik
Das siebzehn Abschnitte umfassende Werk ‘Imaginary Cycle’ ist in ein Prélude, einen Epilog und vier jeweils mehrteilige Abschnitte mit den Überschriften ‘Opening’, ‘Word’, ‘Sacrifice’ und ‘Blessing’ gegliedert. Das Ensemble umfasst neben Weber die Flötistin Anna-Lena Schnabel sowie Michel Godard, einen Virtuosen auf der Tuba und deren hölzerner, wie eine Schlange gewundenen Schwester, dem Serpent. Außerdem sind die vier Eufoniumspieler des Quatuor Opus 333 und ein Posaunenquartett beteiligt. […] Spiritus Rector bleibt Weber, der am Flügel kanonartige Elemente mit dichten Klangtrauben paart. Aus einer durch großen Mikrofonabstand hergestellten Ferne unterlegen die Hörner flächige Sounds. In den weiteren Abschnitten keimen Assoziationen an sakral anmutende Quartette von Posaunen und Eufonien auf sowie Soloabschnitte für Flöte und Serpent und unterschiedliche Kombinationen dieser Gruppen mit und ohne Piano. Mal schimmern Erinnerungen an Choralsätze durch, mal prägen unorthodoxe Spielweisen den Klang, mal wird es lyrisch und zwischendurch auch wohldosiert geräuschhaft. Das ist kein Jazz, wohl aber eine mit improvisierten Momenten angereicherte Fortführung dessen, was in der Alten Musik, im Barock und der Romantik sowie dem 20. Jahrhundert an Ideen entstanden ist.
Werner Stiefele, Rondo
This is an awe-inspiring recording from Weber that is magisterial in concept and execution. The breadth of the writing for lower register brass instruments is full of life and movement that sweeps Weber’s four suites, along with a prologue and epilogue that bookend the album, in an absorbing performance. Quite what Weber thought when composing for four trombones, four euphoniums, serpent, tuba and flute is anybody’s guess, but the resulting music makes for a fascinating listening experience, and hence the recommendation is, wherever possible to listen to the entire album from start to finish in a single sitting. […] From what Weber describes as starting out as conversations with producer Manfred Eicher discussing imagery and sounds, and from Florian’s initial conception ‘from a piano-centric approach’ has emerged a recording that brings together exceptionally creative writing and arranging from the pianist. And one that creates a somewhat unique soundscape that is well worth exploring in an album that is unreservedly recommended.
Nick Lea, Jazz Views
Diese Musik ist wirklich ein Segen, die große Besetzung mit vier Euphonien, vier Posaunen und drei Solisten, von denen mehrere aus Frankreich kommen, auch Live bei uns im Norden zu hören, wäre ein Traum.
Mauretta Heinzelmann, Norddeutscher Rundfunk
Die Klangsprache vereint jazzorchestrale Klänge mit symphonischen Anleihen und komponierte Elemente mit improvisierten Passagen. Als Bindeglied zwischen diesen Welten fungieren die Flötistin Anna-Lena Schnabel und Michel Godard mit dem seltenen Klang des Serpents. Ob komponiert oder improvisiert, Interaktion ist ein zentraler Aspekt von ‘Imaginary Cycle’. Ob zwischen Klavier und den Blasinstrumenten oder zwischen den Ensemblemitgliedern, alle Beteiligten sind im steten Austausch miteinander und kreieren gemeinsam den großen Spannungsbogen von ‘Imaginary Cycle’. Aufgenommen unter den optimalen klanglichen Bedingungen des ehemaligen Sendesaals von Radio Bremen, lädt diese CD unsere Ohren auf einen Ausflug in eine neue, vielschichtige Klangwelt ein.
Xavier Plus, Österreichischer Rundfunk
Die Kombination Klavier-Brassensemble ist wahrlich außergewöhnlich. Und so klingt das vorliegende Album des Pianisten Florian Weber auch – die Instrumentierung gelingt hervorragend. Es beginnt mit einem solistisch-pianistischen Ausbreiten im Stile von Bach und der französischen Impressionisten. Wie ein Präludium breitet Weber exzellenten Kontrapunkt aus, bis nach zwei Minuten die Bläser einsetzen und sehr geschmackvoll im Fortlaufen des Albums symphonische Akzente setzen. […] Bilder und Landschaften wurden erschaffen; es klingt wunderbar ‘klassisch’ und doch zeitgenössisch, wenn in eine wohltönende Klangkaskade dissonante Bläsereinwürfe grätschen. Musik, Moment und Flow – ohne dass eines der Elemente prioritär erscheint. Mehrere Jahrhunderte Musikgeschichte, die hierbei aufeinander treffen.
Lukas Meissl, Concerto
Weber sviluppa una composizione ispirata al rituale della messa, togliendole quanto di dogmatico e trionfalistico propongono le partiture liturgiche, ma facendo riferimento alla musica religiosa scritta tra il XII e il XVI secolo, ai madrigali di Gesualdo da Venosa e Orlando di Lasso, alle strutture polifoniche rinascimentali, così come all’improvvisazione del jazz. Il sound è a volte minimale, il piano solitario appare non di rado così come in duo con la tuba o con il flauto, altre piuttosto complesso, quando l’intreccio dei fiati costruisce un rapporto con gli altri musicisti ‘prismatico’, cioè di un diamante le cui sfaccettature generano lampi di colori diversi. Il riferimento jazzistico più prossimo, dal punto di vista della strumentazione, è la Stan Kenton Orchestra del periodo ‘roboante’, ma qui il suono privilegia la nozione di profondità a quella di trasporto, così come quella di spazio a quella di tempo, trovando variazioni coloristiche molto attuali e situazioni armonicamente complesse e urgenti.
Raffello Carabini, Spettakolo
This is music for piano, brass ensemble and flute written by the German composer and pianist Florian Weber: an unusual line-up that makes for a bold and exciting sonic journey. Weber on piano is joined by a group including four euphonium players, a trombone quartet as well as flautist Anna-Lena Schnabel and Michel Godard on the little used tuba ‘serpent’ instrument. Together they perform a work that blurs the line between where improvisation ends and composition begins. The cycle is spread over four main sections: Opening, Word, Sacrifice and Blessing, all bearing ritualistic connotations. The composer deliberately reflects on the liturgical mass as a means of organisation and community, here minimalist in dogma. In Prologue the composition is focused at the start of the journey on intense, flowing piano refrains from Weber. Chopin-inspired, lyrical and pictorial in intent, it gives way to the introduction of brooding dark brass, held chords that contrast with the optimism of the melodic piano lines, given room to explore different spaces and spectrums above. But the function of the brass is not limited to accompaniment: individual sections detach and regroup throughout, answering the piano’s impulses in a mass-like call and response. […] Epilogue closes the album with a two-minute summary of the journey, the new lands reached and spiritual awakenings realised. The final blend of piano, brass and flute are celebrated in harmonic unison, with a vigour matched by a final flourish of melody on the piano underscored by sustained brass chords. A work of outstanding beauty with no compromise.
Simon Duff, Morning Star