Tatsächlich schreibt auch Schiff, wenn er morgens Bachs Inventionen gespielt habe, fühle er sich ‘wie neugeboren.’ Mehr noch: ‘Es überkommt einen das Gefühl, ein Seelenbad genommen zu haben und die Ohren seien frisch gereinigt worden.’ So geht es auch dem Hörer, der Schiffs neuer Bach-Aufnahme begegnet. Versammelt sind hier die zweistimmigen Inventionen, die dreistimmigen Sinfonien, die vier Duette, das ‘Capriccio über die Abreise des sehr geschätzten Bruders’ sowie die chromatische Fantasie und Fuge. András Schiff spielt das mit einer unerhörten Poesie, man spürt die Kraft, die aus der Stille kommt. […] Der fein gewebte Klang des Clavichords, das Johann Sebastian Bach ja selbst so liebte, erschließt einem eine Fülle an Reichtürmern des Klangs.
Wolfram Goertz, Rheinische Post
Schiff spielt nicht Klavier auf dem Clavichord. Seine Interpretation der Sinfonia g-Moll zielt ganz auf die Eigenarten und Vorzüge des Instruments ab: auf den transparenten Klang, die grafische Klarheit, den starken, punktuellen Reiz des einzelnen Tons, den Kontrast zwischen den Registern. Bachs Sinfonia klingt hier nicht wie ein Studienwerk, als das sie ursprünglich doch gedacht war. András Schiff gestaltet sie als Musik von großer, ruhiger, kontemplativer Schönheit. Als einen langsamen, selbstvergessenen Tanz. […] Bei der h-Moll-Sinfonia beweist András Schiff, dass man den Ausdruck selbst auf dem kleinen und leisen Clavichord auf die Spitze treiben kann: bis zum Siedepunkt, bis zur Raserei. Er spielt diese finale Sinfonia wie eine Studie in Besessenheit. Durch den schlackenlosen, drahtigen Klang des Clavichords tritt der obsessive Zug des Stücks besonders plastisch hervor […] Das ist das Capriccio über die Abwesenheit eines geliebten Bruders, das Bach mit nicht einmal 20 Jahren komponierte. Er vertont darin eine kleine Geschichte: Die Freunde des Bruders versammeln sich und versuchen, ihn von der gefährlichen Reise abzuhalten. Und Schiff lässt sie dabei mit delikaten Trillern schmeicheln. Oder auch larmoyant greinen.András Schiff hat dieses Stück oft auf dem modernen Konzertflügel gespielt, ohne Frage sehr eindrucksvoll. Da zielt er aber viel stärker auf Legato und Kantilene ab. Auf dem Clavichord dagegen bietet er bei diesem Arioso eine ganz andere rhythmische und tänzerische Spannkraft. Das ist eine lichte, intellektuelle Kunst, die das Detail betont. […] In Bachs A-Dur-Invention veranstaltet Schiff auf dem Clavichord ein Happening. Es gelingt ihm, die Mechanik des Spiels und der Komposition so bloßzulegen, wie man es eher bei einem Stück des 20. Jahrhunderts erwarten würde. […] Kurzum: András Schiff hat mit seiner neuen CD keinen Ausflug ins Musikinstrumentenmuseum unternommen, sondern Bachs Klaviermusik so modern und provozierend eingespielt, dass man sie ganz neu kennenlernt.
Susanne Stähr, Südwestrundfunk
As the long booklet article by Joris Potvlieghe explains, the clavichord was a favorite instrument for Bach, who supposedly felt it allows for expressive capabilities not offered by the harpsichord. Indeed, as Schiff exemplifies in this recording, the clavichord offers the performer both subtle dynamic changes and delicate vibrato, made by moving the key after it was struck. […] In the A minor invention, Schiff takes advantage of the instrument’s ability to do a crescendo, even if a subtle one. The four Duettos are a perfect match for the instrument, and Schiff makes the best out of the early ‘Capriccio on the departure of a beloved brother’ that opens the program. […] The quality of the performance makes this one of the more convincing clavichord recitals in a while, to sit alongside Menno van Delft’s revelatory recording of the 6 keyboard partitas. Excellent and highly realistic recording engineering, as we came to expect from ECM. Avoid the temptation to raise the volume level on your stereo system – The clavichord was a modest home instrument for private enjoyment. Better not manipulating it. Recommended.
Tal Agam, The Classic Review
Schiffs Clavichord klingt fantastisch. Es ist ein edler Nachbau aus der Werkstatt von Joris Potvlieghe, bei dem nichts klappert und knirscht, sondern alles silbrig singt. Wunderbar eingefangen von ECM-Tonmeister Stephan Schellmann: präsent, nicht zu räumlich, nicht zu dicht. Man schaut András Schiff quasi über die Schulter. Und hat sich schon nach wenigen Minuten so sehr mit dem Klang angefreundet, dass man sich diese Musik mit keinem anderen Instrument mehr vorstellen mag. Im Zentrum des Albums: Bachs Inventionen und Sinfonien. Kleine Studienstücke für den Hausgebrauch, sozusagen perfekt zum Aufwärmen vor dem Frühstück. Schiff ist kein Originalklang-Revolutionär, seine Tempi sind moderat, und bei den sparsamen Verzierungen nimmt er sich das zum Vorbild, was Bach seinen Schülern in die Noten geschrieben hat. Und trotzdem wachsen die ein-, zweiminütigen Miniaturen hier über sich hinaus. Schiff verwandelt sie in kleine Charakterstücke, kitzelt aus jedem die Essenz heraus, ob Melancholie, Munterkeit oder auch Mut. Zum Beispiel, wenn Bach mit seiner kühnen Chromatik in wenigen Takten das Tor zur Zukunft weit aufstößt. […] Und schließlich demonstriert András Schiff, wie auch große, repräsentative Stücke auf dem Clavichord zur Geltung kommen können. Wenn er etwa zum Abschluss Bachs Chromatische Fantasie und Fuge aufs Programm setzt, dann vermisst man nichts an Volumen, an Klangfülle, an Dramatik. Hier wirkt Schiffs Spiel vollends gelöst, entspannt, frei, so als entstünde Bachs Musik just in diesem Augenblick. Ein Album, mit dem ihm eine überzeugende Rehabilitierung des Clavichords gelingt. Weil hier künstlerische Wahrhaftigkeit und historische Wahrheit eins werden.
Thorsten Preuß, Bayerischer Rundfunk
Bei Schiff ist man nach einer gewissen Einhörungsphase, die mit dem ‘Capriccio sopra la lontananza del fratello dilettissimo’ eingeläutet wird, schnell von dem puristisch daherkommenden, aber trotzdem gehaltvollen Bach-Bild fasziniert, das er da auf dem Nachbau eines Specken-Clavichords von 1743 ausbreitet. Alles ist vollkommen, abseits aller Brillanz und Virtuosität, auf den Geist der ausgewählten Werke ausgerichtet. Nichts lenkt von der Kraft, Tiefe und Form der Inventionen & Sinfonien BWV 772–801, der Chromatischen Fantasie und Fuge sowie der ‘Vier Duette’ ab. Und bis hin zum ‘Ricercar à 3’ aus dem ‘Musikalischen Opfer’ stellt sich dank des Gestaltungszauberers Schiff eine dahinfließende Innigkeit und Empfindsamkeit ein, die einem plötzlich nah und vertraut erscheint.
Guido Fischer, Rondo
He was the best organist in Europe and a mean harpsichordist too, but Johann Sebastian Bach loved playing the clavichord. The intimacy of its soft dynamic range, supple tone, and the ability to have an aftertouch with a slight vibrato made the instrument a distinctive one, ideal for small rooms: for practice or to be played for a few listeners. András Schiff has distinguished himself as one of the premiere Bach pianists of our time, making a convincing case for the music to be realized on a concert grand. He has recorded extensively for ECM’s New Series, the ‘Goldberg Variations’ (2001) the ‘Six Partitas’ (2007), and both books of the ‘Well-Tempered Clavier’ (2012). On Clavichord, he turns to the smaller instrument, playing a double CD recording of works eminently suited for it. […] The clavichord thrives in contrapuntal textures of two or three voices. Thus Schiff has assembled a number of pieces without the thickened textures of the largest fugues. The standouts of the recording are the 2-part Inventions and 3-part Symphonias. Schiff adopts tempos that often are more deliberate than his renditions on the piano, reflecting the action of the clavichord. One can still play quickly, however, as he demonstrates with a fleet-fingered rendition of the F-major Invention. The architectural shaping of pieces like the E-flat major Sinfonia elucidates its form with consummate elegance. The Sinfonias in D and E both adopt dance rhythms, which are performed with verve. […] ‘Clavichord’ includes two particularly imposing pieces. The ‘Ricercar á 3’ is from the ‘Musical Offering’, the composer’s late career gift to Frederick the Great. The ‘Chromatic Fantasia and Fugue’ (BWV 903) is a virtuosic masterpiece. Schiff digs in, relishing every moment and showing us the full capacity of the clavichord as an instrument that should be better known.
Christian Carey, Sequenza 21
On peut difficilement se défaire du naturel et de l’éloquence avec laquelle András Schiff revisite ces ‘Cappriccio’, ‘Inventions’, ‘Ricercar’ ou ‘Fantasie chromatique’ de Bach […] On croirat se pencher par-desus l’épaule du compositeur, partager un instant privilégiè d’intimité, l’instrument solo déclamant avec douceur […] Le sens de la phrase, de la ligne horizontale, la clarté du discours articulé, tout autant que la richesse du contrepoint de Bach se laissent admirer de manière très proche et très directe. Avec András Schiff, le clavicorde parle en confident.
Elisabeth Haas, La Liberté
Das Clavichord spricht mit jeder einzelnen Saite, aber nie mit lauter Stimme, sondern in feinen Nuancen. Was an dieser im Bonner Beethoven-Haus entstandenen Produktion so berührt, ist ihre Intimität, gepaart mit einer Differenziertheit, die Bachs Musik eine eigene Anmut verleiht, etwa in den sonst oft rauschhaft interpretierten Läufen der ‘Chromatischen Fantasie’. Dank der tieferen Stimmung des Instruments (404 Hz) und einer ausgewogenen Balance der Töne untereinander öffnet Schiff hier die Tür zu einem Hörerlebnis, bei dem man meint, in Bachs Stube zu Gast zu sein.
Christoph Vratz, Fono Forum
Ein guter Tag beginnt mit Bach. Der ungarische Pianist András Schiff spielt jeden Morgen ein Stück des barocken Meisters. Nicht etwa auf einem modernen Konzertflügel, sondern auf dem Clavichord. Hat man sich an dessen ungewöhnlichen, gezupften Ton gewöhnt, offenbart sich die filigrane Schönheit der Inventionen und Sinfonien. Schiff, ohnehin ein Meister der Bach-Interpretation, spielt sie hingebungsvoll und entlockt dem Instrument fein nuancierte, zart singende Klänge.
Miriam Damev, Falter
Hat man sich einmal auf den Klang des Clavichords eingestimmt, kann sich beim Hören ein Suchtfaktor einstellen. So haben wir Bach kaum je gehört. So nah, so kammermusikalisch, so fein. Eine wunderbare Aufnahme.
Christoph Vratz, Norddeutscher Rundfunk
Bachs ‘Inventionen und Sinfonien’ oder auch die ‘Chromatische Fantasie’ sind auf diesem Album so intim wie selten zu erleben.
Wolf Ebersberger, Nürnberger Nachrichten
In the two-part inventions Nos 1-15, the three-part sinfonias Nos 1-15, the duets Nos 1-4 and other JS Bach works, Schiff makes a persuasive case, if not a definitive one, for the clavichord as an equally revelatory vehicle for the pieces as harpsichord or piano.
Dan Cairns, Sunday Times
Recorded at the Beethoven-Haus in Bonn and produced by Manfred Eicher, the detail, warmth and clarity in the midrange frequencies is particularly striking. […] ‘The sound of the clavichord is’ says Schiff, an invitation into ‘a new world, a quiet oasis in our noisy, troubled times. Thanks to the clavichord I now play and hear Bach differently. On the clavichord we only have our fingers at our disposal, and they must create the music with the finest gradations of touch.’ In a way that illuminates the rest of Bach’s œuvre, the clavichord helped him to realise his ambition of making highly complex, emotional music while at the same time aiming for a clear objectivity, with a great attention paid to detail and structure. This album captures that often allusive essence.
Simon Duff, Morning Star
We have been privy to those intimately ennobling exercises of Johann Sebastian Bach as shared by Andras Schiff, a refreshment of mind and spirit granted by a musical instrument for selective, perhaps acquired, tastes.
Gary Lemco, Audiophile Audition
Was Schiff nun aus diesem Instrument macht, wenn er erneut Bach aufnimmt, übersteigt alles Herkömmliche. Der Klang ist leiser und geheimnisvoller als ein Cembaloklang, zugleich melodischer und sanglicher, zumal man (im Gegensatz zum Cembalo) einmal angeschlagene Töne nach Belieben aushalten kann. Das ergibt einen wesentlich größeren Interpretationsspielraum, und Schiff nutzt diesen nicht nur für agogische und dynamische Finessen, sondern auch für eine möglichst ‘durchsichtige’ Transparenz der musikalischen Textur. Kurz: Es ist als würde man Bachs Tastenmusik neu hören. Es sind intime Klangerlebnisse, die das Clavichord ermöglicht – sozusagen ein unmittelbarer Dialog zwischen dem Hörer und dem Instrument. Selbstverständlich ist das auch dem eminenten Bach-Interpreten András Schiff zu verdanken, der einen verständnisinnigen und gleichzeitig hoch sensiblen Tiefenblick in die Struktur der Werke hat wie heute sonst kaum einer. Das Zuhören macht nicht nur vorbehaltlos Freude, sondern es ist zudem auch unaufdringlich lehrreich. Was will man mehr?
Werner Pfister, Musik & Theater
The close recording in a modestly reverberant acoustic reveals an instrument of considerable expressive range. At its best, Schiff’s playing is exquisitely controlled, as in the Adagiosissimo of the early ‘Capriccio on the departure of his most beloved brother’, and well balanced with infectious humour in the concluding ‘post horn’ Fugue. The mature Inventions and Sinfonias blend insight, as in the elusive, chromatic Sinfonia in F minor, with a beguilingly carefree approach in the more relaxed numbers such as the E major Sinfonia. As impressive is the coherence Schiff brings to the counterpoint in the three-part Ricercar from the Musical Offering, and the Fantasia of the Chromatic Fantasia and Fugue has a brilliance surpassing many a harpsichord or modern piano performance. […] Schiff’s playing overall is an illuminating and enjoyable guide to Bach at the clavichord.
Jan Smaczny, BBC Music Magazine
This is not just a pianist changing medium and still sounding like a pianist […] As with his previous period-instrument ventures, Schiff opens up a new world and thoroughly adjusts his temperament, his ‘pianism’ and his artistry to it. If on the modern piano he brings his Bach to us in all his reflectiveness and majesty, on the clavichord he invites the audience as it were to eavesdrop on Bach himself, as if sitting in the same room , or a ‘quiet oasis’, as Schiff puts it in his notes.
Michelle Assay, Gramophone
La sonorité discrète de l’instrument, dont les capacités expressives (quel cantabile dans l’Invention no. 13!) sont exploitées avec art, emplit l’espace avec une présence étonnante, qu’il s’agisse de créer du pittoresque (Capriccio BWV 992) ou de susciter l’emotion (Sinfonia no.9). Les ’Inventions’ et ‘Sinfonies’ dépassent ainsi leur statut d’exercice: le geste unificateur, mûri, de Schiff laisse le sentiment d’une narration continue où chaque pièce ajoute son caractère, sa couleur.
Jean-Christophe Pucek, Diapason (Diapason d’Or)
Le pianist hongrois András Schiff opère avec bonheur, un retour aux sources. […] Dessin à la pointe sèche et couleurs aquarellées, pur l’auditeur aussi, c’est une redécouverte, pour peu qu‘il tende l’oreille et le cœur.
MDM, La Libre Belgique
Hier bewirken Schiffs sensible Wege, beschritten mit Temperament und Feuer, ein Wunder: In den Miniaturen der Inventionen und Sinfonien, aber auch in der monumentalen Chromatischen Fantasie und Fuge wird die Intimität des lautenartigen Klangbilds zur unermesslichen Fülle, die chromatische Intonation des Instruments zum mikro-intervallischen Abenteuer.
Martin Mezger, Audio (Klangtipp)
The case is made both academically, but even more significantly musically, for the use of clavichord in this repertoire. The modern replica instrument sounds splendid, and Andras Schiff's playing is revelatory.
Martin Cullingford, Gramophone (Editor’s choice)
Das Clavichord war Johann Sebastian Bachs bevorzugtes Instrument. Es klingt filigran und sanft, muss getragen gespielt werden. András Schiff ist begeistert. Wer sich eingehört hat, wird belohnt, sagt er: ‘Es tut sich eine neue Welt auf, eine Oase mitten in unserer lärmigen Welt.’ So ist es.
Thomas Kunze, Hörzu
Le son du clavicorde possède un charme qui ne tarde pas à agir, une foisl’écoute acclimate à son caractère intime et feutré. Aucune pédale ne permet de noyer d’éventuelles imprecisions das un confortable flou sonore, et la façon dont s’exerce la pression du doigt sur la touche permet de chercher d’autres types d’effets. Cela autorise bien des explorations, et Schiff s’y livre avec un mélange d’absolue rigueur et de plaisir communicatif […] La puissance limitée du clavicorde ne l’empêche pas d’offrir une polyphonie joyeuse et bien fournie.[…] l’expérience, menée par un disciple de Bach tel qu’András Schiff, al’immense mérite d’enrichir le paysage sonore des mélomanes.
Sophie Bourdais, Télérama
Man muss sich in den speziellen Klang der kurzen Töne ein wenig einhören, auch Schiff bekennt in den Liner Notes des Albums, dass er seine Zeit benötigte, bis er mit dem Instrument warm wurde. Doch dann ist man schnell gefangen von Schiffs souveränem und vituosem Spiel, seiner sicheren Phrasierung und seiner musikantischen Spielfreude. Die kommt in den kleinen Inventionen ebenso zum Tragen wie in der großartig interpretierten ‘Chromatischen Fantasie und Fuge’.
Mario-Felix Vogt, Pianist