Die neue Bearbeitung des Zyklus (Daniel Rumler), geschaffen für das von Igor Karsko geleitete Ensemble Camerata Zürich, sorgt dafür, dass der Tonraum größer wird, dass das von Streichern bestimmte Szenario der nur gefühlten Jugend des Komponisten in mährischer Landschaft bedeutend an Prägnanz gewinnt. Die düsteren Klangfiguren und scharfkantigen Kontraste auf Janáčeks bedrohlichen und schönen Pfaden des Lebens erlangen dadurch mehr klangliche Plastizität und Transparenz als am Klavier. Zusätzlicher Coup der fesselnden Aufnahme sind die Texte, die die französische Schriftstellerin Maia Brami zu Janáčeks Zyklus geliefert hat und hier selbst rezitiert: ein anderes Medium der Poesie.
Wolfgang Schreiber, Süddeutsche Zeitung
Die Gefahr bei Janáčeks Stücken liegt, ob Klavier-Original oder bearbeitet, immer in einer Art Rührseligkeits-Falle. Badet man zu sehr in Melancholie, verliert die Musik ihre Aufrichtigkeit. Davon ist zum Glück bei der Camerata Zürich nichts zu spüren. Im Gegenteil. Hier wird haargenau ausgelotet, wie schnell, wie langsam ein Satz sein darf, hier werden die einzelnen Instrumente minutiös zueinander in Beziehung gesetzt. Vor allem aber agieren die Züricher mit einer Zartheit und einer Aura des Geheimnisvollen, dass man jederzeit gebannt zuhört. Kleine Miniaturen, ganz groß gespielt. […] Konzeptionell besitzt diese Produktion einigen Mehrwert, was sich auch in den beiden Werken zeigt, die den äußeren Rahmen um den Janáček-Schwerpunkt bilden. Am Beginn steht die ‘Meditation über den alten tschechischen Choral St. Wenzel’ von Josef Suk, entstanden 1914, kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Auch bei dieser Choralmeditation zeigt die Camerata Zürich all ihre Qualitäten: ein perfekt aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel, ganz und gar kammermusikalisch, viele feine Abstufungen in der Dynamik und die Fähigkeit, Dinge ahnungsvoll anzudeuten statt sie platt auszusprechen. […] Der Camerata Zürich mit Igor Karsko ist eine programmatisch ungewöhnliche, stimmige und musikalisch beeindruckende Aufnahme gelungen – bei der Janáček-Bearbeitung handelt es sich überdies um eine Weltersteinspielung. Also ein idealer Tipp auch für jene, die meinen, alle Werke bereits im heimischen oder virtuellen CD-Schrank archiviert zu haben.
Christoph Vratz, Südwestrundfunk
‘Po zarostlém chodníčku’ (Auf verwachsenem Pfade) ist ein aus 15 Teilen bestehender Klavierzyklus von Leoš Janáček (ECM hat ihn vor 20 Jahren mit András Schiff veröffentlicht). Der Geiger Daniel Rumler hat davon für die Camerata Zürich eine Fassung für Streichorchester geschaffen, die dieses Orchester unter der Leitung von Igor Karsko für ECM aufgenommen hat. […] Die einzelnen, meist sehr kurzen Stücke können durchaus für sich, ohne Aufladung mit Bedeutung, mit narrativem und biographischem Überbau bestehen und bezeugen die Modernität des nur 13 Jahre nach Dvořák und 20 Jahre vor dessen Schwiegersohn Suk geborenen Janáček.
Thomas Rothschild, Kultura Extra (Five out of five stars)
Die Camerata Zürich hat sich diesen Zyklus nun für Streichorchester arrangieren lassen, und die Fassung von Daniel Rumler beglückt durchaus: Dank schlanker Besetzung ertrinkt die Musik nicht in Opulenz und behält ihre knorrigen Momente (teils verstärkt durch herbe Streichereffekte) bei. Andererseits blüht der Klang dort paradiesisch auf, wo Janáček ein Idyll der schlichten Harmonien feiert. Für Umrahmung sorgt die Musik zweier Landsleute: Josef Suks ‘Meditation über den altböhmischen Choral St. Wenzeslaus‘ erfreut mit sphärischen, leicht abstrakten Klangbildern, Antonín Dvořáks ‘Notturno’ mit melodiöser Wehmut.
Christoph Irrgeher, Wiener Zeitung
Ein in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliches Album. Zum einen wegen des Repertoires: Daniel Rumler hat 2016 Leoš Janáčeks Klavierwerk ‘Auf verwachsenem Pfad’ für Streichorchester eingerichtet. Diese Fassung wird durch die Camerata Zürich flankiert von einer Meditation von Josef Suk sowie der B-Dur-Nocturne op. 40 von Antonín Dvořák. […] schließlich ungewöhnlich, weil die Aufnahme unter dem geigenden Leiter Igor Karsko künstlerisch restlos überzeugen kann. Nicht nur, dass die melancholischen Eintrübungen sehr natürlich gelingen und die Melodien klar und arios geformt werden – vor allem besitzt das Spiel der Camerata etwas ungemein Luftiges. […] Auch die titellosen Nachträge zu Janáčeks Werk leben von wahrhaftiger Intensität, geheimnis- und ahnungsvoll in den unterschiedlichen Schattierungen des Leisen. Eine originelle, hörenwerte Aufnahme.
Christoph Vratz, Fono Forum (‘Stern des Monats’)
‘Auf verwachsenem Pfade’ taufte Janáček einen Zyklus von 15 meist melancholischen Klavierstücken. Naturbilder sind es, oft Erinnungsfetzen, die selten glücklich sind, und in denen er unter anderem mit dem Sterben seiner Tochter hadert. Düster ist die Umgebung, bisweilen ziemlich unheimlich, und wenn es Licht gibt, scheint es trügerisch zu sein. Noch einmal verstärkt werden diese Stimmungen durch eine Bearbeitung für Streichorchester, die der Geiger Daniel Rumler für die Camerata Zürich von diesen Miniaturen angefertigt hat. Selten haben die verschiedenen Klangfarben der Streichinstrumente so viel Sinn gemacht für die Bearbeitung eines Klavierzyklus, vor allem auch weil hier niemals übertrieben wird, sondern die Brüchigkeit und Doppelbödigkeit der Musik auch in der vergrösserten Besetzung gewahrt bleibt: Flageolett, fahle Ponticello-Klänge, zarte endlos gespannte Pianissimo-Linien, zauberhaft süsse Melancholie in den wehmütigen Erinnerungen.
Reinmar Wagner, Musik & Theater
Mit seinem 15-teiligen Klavierzyklus ‘Auf verwachsenem Pfade’ schuf der mährische Komponist Leoš Janácek Anfang des 20. Jahrhunderts eines der bewegendsten Werke der Piano-Historie. Klanglich-stilistisch eher noch der Romantik und Idiomen heimischer Folklore verpflichtet, bilden die einzelnen Miniaturen Reminiszenzen des Komponisten an seine gestorbene Tochter. Von Verlust und Trauer gezeichnet verhandeln die Stücke entlang zarter Melancholie und schmerzlicher Intimität in fragiler Manier unterschiedliche Gemütszustände und Imaginationen. Die Streicherbearbeitungen Daniel Rumlers spiegeln exemplarisch Janáceks sublime, harmonisch reich gesättigte Klangwelten und ermöglichen neue Perspektiven auf das Original. Gerahmt und begleitet wird der Zyklus von Werken Suks, Dvoráks und einem von Janáceks Musik inspirierten Text der französischen Autorin Maia Brami. Die Camerata Zürich nimmt ein durch organischen Ensembleklang, fein ausgeleuchtete Zwischentöne und eminente Nuancierungspotenziale.
Martin Hoffmeister, Rotary Magazin
Janáček’s ‘On an Overgrown Path’ has been arranged for orchestra several times before, but this is a new version Daniel Rumler which captures the mysterious atmosphere Janáček intended, and it’s superbly realized by the musicians of Camerata Zürich. Many of Janáček’s little piano figures, skittering across the background like thoughts passing through the mind of the walker, are rendered vividly in this version. The inward, psychological quality of the music is enhanced by a cycle of poems by Maïa Brami, read here by the author. They are not simply verbal renderings of the scenes described in Janáček’s titles in Part One of the work but reflections on the psychological threads illuminated in the music.
James Manheim, All Music
Bohemian fantasies beguiling transformed by Camerata Zürich. […] The group’s leader, Igor Karsko, ensures that shifts in dynamics are never less than elegantly negotiated; that phrasing, albeit drifting towards to the fleet-footed, errs on the side of considered response; and that rare moments of rapture are becomingly effusive. The result is a revealingly fresh traversal along a familiar ‘Overgrown Path’ where unexpected narcotic perfumes laced with Mendelssohnian gloss bewitch and beguile while stressing pleasure over pain. On its own terms, it is none the less appreciable for that, a performance exquisitely realised and caught in a textbook-perfect recording. Bookending proceedings are two works that borrow from Bohemian folk sources. Suk’s plangent, passionate treatment of the traditional Czech chorale St Wenceslas is realised with a luminous directness that admirers of Arvo Pärt will have no difficulty in engaging with or appreciating. Dvořák’s Op. 40 Notturno provides a perfectly judged, sweetly elegiac coda.
Michael Quinn, Limelight Magazine
Als fractal-fragile innere Monologe enthüllt das Streicher-Arrangement des Zyklus ‘Auf verwachsenem Pfade’ (1901-08) persönliche Erinnerungen und Beobachtungen von Leoš Janácek in vielstimmige Szenen. […] Kommentiert werden diese Miniaturen von eindringlichen Texten der Autorin Maïa Brami und umrahmt von der meditativen Kraft der religiösen Meditation auf den ‘St. Wenzels Choral’, die Josef Suk 1914 komponierte, und dem aus gleicher Sphäre inspirierten Nottuno B-Dur (1875) von Antonin Dvorák – das sind emotionale und spirituelle Rückverbindungen durch fein strukturierte Camerata-Integrität.
Hans-Dieter Grünefeld, Neue MusikZeitung
‘Sur un sentier herbeux’ de Janáček est une suite pour piano de 1901-1908, présentée ici dans un arrangement très réussi pour orchestra à cordes du violoniste Daniel Rumler. La souplesse des phrases traduit bien les nuances sensibles de ces courtes pieces: ainsi, leur mélancolie mystérieuse et inquiète, dessinée en courbes lyriques, convient parfaitement aux archets, comme l’humour de plusieurs autres. […] En tête et en fin figurant deux œuvres originales pour cordes de compositeurs tchèqus, ‘Méditation sur un choral ancien’ de Suk, et ‘Notturno’ de Dvořák, pages un peu marginales mais bien assorties à celles de Janáček.
Isabelle Werck, Classica