Looking At Sounds

Michel Benita, Matthieu Michel, Jozef Dumoulin, Philippe Garcia

EN / DE
Algeria-born bassist Michel Benita, long a mainstay of the French jazz scene, introduces his revised quartet. Swiss flugelhornist Matthieu Michel and French drummer Philippe Garcia are retained from Benita’s Ethics band, and the quartet is completed by Belgian keyboardist Jozef Dumoulin. Dumoulin’s swirling, floating sounds and colours – he sounds like no other Fender Rhodes player – have inspired Benita to write evocative new music for the group. The repertoire also includes a bewitching cover version of Antônio Carlos Jobim’s “ Inutil Paisagem”, the freely improvised title track, and a touching solo bass interpretation of Jule Styne’s “Never Never Land”. Cloud To Cloud was recorded at Studios La Buissonne in the South of France in March 2019.
Der Bassist und Komponist Michel Benita (1954 in Algier geboren), hat seit Anfang der 1980er Jahre einen festen Platz im Herzen der französischen Jazzszene. Auf Looking At Sounds stellt er sein umformiertes Quartett vor, das den Schweizer Flügelhornisten Matthieu Michel und den französischen Schlagzeuger Philippe Garcia aus Benitas Band Ethics beibehält, aber durch den belgischen Keyboarder Jozef Dumoulin komplettiert wird. Dumoulins wirbelnde, schwebende Klänge und Farben – er klingt wie kein anderer Fender Rhodes-Spieler – haben Benita dazu inspiriert, für die Gruppe suggestive neue Musik zu schreiben. Zum Repertoire gehören auch eine bezaubernde Coverversion von Antônio Carlos Jobims "Inutil Paisagem", das frei improvisierte Titelstück, und eine berührende Solobassinterpretation von Jule Stynes "Never Never Land". Looking At Sounds wurde im März 2019 in den Studios La Buissonne in Südfrankreich aufgenommen.
Featured Artists Recorded

March 2019, Studios La Buissonne, Pernes les Fontaines

Original Release Date

18.09.2020

  • 1Dervish Diva
    (Matthieu Michel, Michel Benita)
    07:56
  • 2Berceuse / Gwell Talenn
    (Kristen Noguès, Michel Benita, Kristen Noguès)
    04:01
  • 3Looking At Sounds
    (Michel Benita)
    08:39
  • 4Barroco
    (Michel Benita)
    04:02
  • 5Slick Team
    (Michel Benita)
    07:49
  • 6Cloud To Cloud
    (Jozef Dumoulin, Matthieu Michel, Michel Benita, Philippe Garcia)
    02:28
  • 7Body Language
    (Michel Benita)
    06:44
  • 8Elisian / Inutil Paisagem
    (Michel Benita, Antonio Carlos Jobim, Aloysio de Oliveira)
    04:56
  • 9Islander
    (Michel Benita)
    06:45
  • 10Low Tide
    (Michel Benita)
    04:19
  • 11Never Never Land
    (Jule Styne, Adolph Green, Betty Comdon)
    05:17
The compositions on the album, mostly composed by Benita, are very attractive, and bring together elements of both jazz and folk. They are developed by the quartet as a group activity rather than by individual solos. In this Michel’s flugelhorn is dominant, but Dumoulin adds very interesting textures on the Fender Rhodes. His approach is very different from the funky sounds we tend to associate with the instrument, and is more focussed on melodic and rhythmic lines underpinning the flugelhorn and integrating with the rhythmic support of the bass and drums. The mood throughout the album is relaxed and refreshing, the standard of the interactions between the four players extremely high.
Tony Dudley-Evans, London Jazz News
 
Es ist schon ein hypnotischer Klangkosmos, in den Bassist Michel Benita seine Hörer mit ‘Looking At Sounds’ entführt: Lyrische Flügelhorn-Melodien schweben zum Teil fast schwerelos durch den Raum, geerdet nur durch dezentes Rhythmusspiel und zugleich durch ätherische Elektronikteppiche in höhere Sphären getragen, in denen sich der Ton entfalten kann und doch stets einer klaren Linie folgt. Alles ist durchdacht, nichts zuviel, kein Effekt nur um seiner selbst willen gesetzt […]
Thomas Kölsch, Jazzthetik
 
C’est un paysage qui se déploie en langueurs aériennes, une atmosphère. […] Des sonorités que l’on observe comme un panorama dessmé de nappes brumeuses, de mélodies ondoyantes, de scintillements de cymbales; climats berçants posés sur une charpente de subtiles gravités. Le bugle ouaté du Friburgeois Matthieu Michel sinue magnifiquement dans ces suspensions harmoniques où le Rhodes inventif de Jozef Dumoulin se mêle à la batterie évanescente de Philippe Garcia. Et l’électronique, ici, nest pas ce cachemisère des jazzeux en mal de modernisme mais un discret liant. Un onirisme qui séduit.  
Thierry Raboud, La Liberté
 
L’âme toujours voyageuse, avide de sensations inédites, l’élégant contrebassiste présente au sein de son nouveau quartet, un album aux multiples univers qui laisse une place de choix à à l’espace et au jeu collectif. […] Quel bel univers sur cet album porté par le label ECM, enregistré aux Studios La Buissonne, qui s’ouvre sur les harmoniques de basse de Michel Benita. Ordinateur et électronique viennent ajouter avec légèreté une texture plus singulière au jeu acoustique du quartet qui.
Catherine Carette, FIP
 
Durch die Musik schimmert die Sonne des Südens mit einem Hang zu herbstlicher Melancholie. […] Auch der Einsatz elektronischer Hilfsmittel ist seit langem ein fester Bestandteil seiner Projekte. Der ist oft so unaufdringlich, dass man ihn kaum bemerkt, aber die traumhaften Stimmungen seiner Kompositionen werden auf zauberhafte Weise verstärkt. ‘Looking at Sounds’ eröffnet Klänge, in denen man sich nur zu gerne verliert
Jan Tengeler, Deutschlandfunk Kultur
 
Weich und elegisch klingt der der Jazz des Quartetts von Michel Benita mit dem klagenden Klang des Flügelhorns von Matthieu Michel, dem wolkigen Fender Rhodes Piano von Jozef Dumoulin und dem rhythmischen Rascheln und Klöppeln des Schlagzeugers Philippe Garcia. Erst beim zweiten Hinhören fallen die ungeraden Rhythmen, die ineinander geschachtelten Linien, die elektronischen Klangflächen und Störgeräusche auf, die den Sound des Quartetts prägen und aus anderen Jazzproduktionen herausheben. […] Normalerweise lebt Jazz von der Virtuosität der beteiligten Solisten. Das Quartett von Michel Benita lebt eher von der geschlossenen Ensembleleistung, von weiten melodischen Linien, die Flügelhorn-Spieler Matthieu Michel immer wieder aufgreift, vom soliden Kontrabass des Bandleaders, der vieles in der Schwebe und alles zusammenhält.
Bernhard Jugel, Bayerischer Rundfunk
 
Dans ce disque qui pénètre lentement mais sûrement la psyché de l’auditeur, l’invention n’a rien d’ostentatoire, elle est comme suggérée par de subtils apôtres de la délicatesse qui signent l’un de ces alums aventureux aux vertus oniriques dont le label de Manfred Eicher a le secret. On aimerait vanter le phrasè mélodieux et la sonorité tourjours plus profonde, retenue et habitée de Matthieu Michel; […] les trouvailles sonores volontiers inouïes de Jozef Dumoulin […] vanter la sensuelle complicité entre la contrebasse du leader et la batterie de Philippe Garcia. Mais ce qui fascine encore plus, outre les qualités toujours plus chantantes des thèmes de Michel Benita, c’est la tranquille maestria avec laquelle ces quatre qui ne font qu’un distillent des ambiances susceptibles, comme promis, de nous en faire voir de toutes les couleurs.
Frédéric Goaty, Jazz Magazine (‚Choc‘)
 
Bei seiner ersten ECM-Veröffentlichung als Leader hatte der französische Bassist Michel Benita noch die Koto-Spielerin Mieko Miyazaki und den E-Gitarren-Verfremdungskünstler Eivind Aarset hinzugebeten. Verglichen damit wirkt die Quartettbesetzung auf dem Nachfolger deutlich unexotischer: Flügelhorn, E-Piano, Kontrabass, Schlagzeug, das warʼs. Und doch entfalten die Stücke des Bassisten, dem als Gründungsmitglied des Orchestre National de Jazz, Folk-Fan und Begleiter von Archie Shepp oder Erik Truffaz nichts fremd ist im weiten Feld der Improvisationsmusik und seiner Nachbargebiete, auf ‚Looking At Sounds‘ eine ganz eigene, außerweltliche Magie. Das liegt zunächst einmal am Flügelhornspiel des Schweizers Matthieu Michel. Sparsam ist das, transparent und schwebend – wie ein rätselhaftes Quallenwesen, das sich im Takt des Wellengangs bewegt. Für diesen sorgen der Bandleader und sein Schlagzeuger Philippe Garcia, die das Geschehen mit ostinaten, krummtaktigen Figuren gleichzeitig erden und antreiben. Den wichtigsten Anteil am speziellen Klangcocktail des Albums hat jedoch der belgische Keyboarder Jozef Dumoulin. Sein in vielen Farben schillernder Rhodes-Sound ist gewissermaßen die Nährflüssigkeit, aus der sich die Stücke entwickeln.
Josef Engels, Rondo
 
Töne, die einen hineinziehen und doch etwas reizvoll Ungreifbares haben. Herrliche Kantilenen eines Blasinstruments und ein ganz feiner rhythmischer Untergrund. Eine Band, die sich auf Nuancen versteht – und sie für soghaft-schöne Musik einsetzt. […] Fast jedes Stück auf dieser CD ist eine Einladung zu drei- bis neunminütigen Entdeckungsreisen. Es gibt einige Stellen, die dazu verführen, immer wieder auf sie zurückzukommen, wie um einen momentanen Blick in eine Landschaft noch einmal zu genießen. Vielleicht ist es das, was der auf den ersten Blick in sich widersprüchliche Titel der CD meint: ‚Looking At Sounds‘. Klänge ansehen. Hier kann man das, und es ist so aufregend wie schön.
Roland Spiegel, Bayerischer Rundfunk (‚Jazz album of the month‘)
 
With the subtle use of electronics, and Benita’s strong and masterful melodies, Dumoulin’s unique take on the role of the Fender Rhodes gives the music a lightness of feel, yet solid grounding, with shifting textures that imbue the music with an almost mystical sense of being. The music often has this floating feeling that gently carries the listener along, but can also dig in when needed, as if to emphasise a point or bring to the fore a strong melodic idea or rhythmic motif. The compositions lend themselves to this way of music making, utilising melodic fragments and textures from this most unconventional of rhythm sections, upon which Michel delivers his lyrical flugelhorn to wonderful effect. […] Benita closes the set with a solo reading of ‘Never Never Land’ that seems wholly appropriate given the whimsical and magical nature of the music that has gone before, and one hopes that there is more to come from this splendid line up of musicians, and as such is unreservedly recommended.
Nick Lea, Jazz Views
 
Für Matthieu Michel, den 1963 in der tiefsten fribourgischen Provinz geborenen Trompeter und Flügelhornisten, gab es nach einer Kindheit mit u.a. den Liedern des Abbé Bovet sozusagen zwei paulinische Jazz-Klangerlebnisse: die Begegnung mit Miles Davis’ Meisterwerk ‚Kind of Blue‘, und die mit einem etwas weniger bekannten, aber nicht minder prägenden Meilenstein der Trompetenkunst, ‚Gnu High‘, der Kooperation des kanadisch-britischen Klangmagiers Kenny Wheeler mit Keith Jarrett. Beide Initialerlebnissen sollten letztlich  Matthieus gleichzeitig strahlenden und melancholischen Klang zeitigen […] Auf dem jüngsten Album des französisch-algerischen Bassisten Michel Benita (mit Josef Jozef Dumoulin am Fender-Piano und Philippe Garcia an den Drums), ist er der eindringliche Naturklang, der sich über den Wolken vielfach schattierter elektronischer Sounds (ein Stück heisst ‚Cloud To Cloud‘) in glänzenden Linien entfaltet, gelegentlich wie ein fernes Echo aus der Matthieu von klein auf vertrauten alpinen Volkmusik. Aus dieser Spannung stammt der magische Sog dieser Musik, die ebenso eindrücklich ist wie arm an effekthaschender Betriebsamkeit. The sound is the message.
Peter Rüedi, Die Weltwoche
 
Et voilà qu’il emmène son complice depuis longtemps, le batteur Philippe Garcia, et le bugliste Matthieu Michel, dans un voyage formidable en compagnie du claviériste belge Jozef Dumoulin, qui manie le Fender Rhodes et l’électronique avec un talent fou. Sur la trame précise, entraînante, serrée et libre à la fois du duo basse batterie, Matthieu Michel sort des sonorités et des mélodies superbes et incroyables et Jozef Dumoulin fait vivre l’ensemble par ses touches d’atmosphères, d’espaces, de paysages sonores discrètes mais envoûtantes. […] Tout est parfait dans ce magnifique album.
Jean-Claude Vantroyen, Le Soir
EN / DE
A musician at the heart of the French jazz scene since the early 1980s, Michel Benita (born in Algiers in 1954) honed his craft in the clubs and concert halls of Paris, working with an ever-changing cast of visiting stars, local players and expatriates. The original bassist in France’s Orchestre National de Jazz, he is by temperament an internationalist, welcoming the different accents and independent viewpoints that players from diverse regions can bring to group music. Benita made his ECM debut as a member of Andy Sheppard’s Trio Libero, in 2011, also appearing on Sheppard’s Surrounded by Sea (2014) and Romaria (2017). His first disc as a leader for the label was River Silver, recorded in 2015, with his group Ethics.
 
The quartet on Looking At Sounds retains Swiss flugelhornist Matthieu Michel and French drummer Philippe Garcia from the Ethics line-up and adds Belgian keyboardist Jozef Dumoulin. Largely responsible for the textural qualities of the revised group’s music Dumoulin uses his Fender Rhodes in a subtle, painterly way. His enveloping colours swirl around the harmonic framework of the pieces and imaginatively support the flights of the flugelhorn. If Matthieu Michel’s is often the lead voice, Benita’s group concept favours collective creativity over chains of solos. He encourages his musicians to build upon the melodic ramifications of the tunes and to “melt into a total, global sound,” a policy well-illustrated on the tune “Body Language” here.
 
With the exception of Matthieu Michel, who plays only flugelhorn on this recording, with a free, lyrical flair sometimes reminiscent of the late Kenny Wheeler, all members of the group make discreet use of electronics. Benita will periodically add a bass drone from his laptop. Garcia integrates real-time sampling into his percussive work. And Dumoulin processes his Rhodes through many effects boxes, pedals and reverbs to create a luminous patina of sound – see for instance the beginning of the title track, “Looking At Sounds”, whose name is its programme. “I like using a little electronics, as an additional instrument, almost, or to give the music a new direction,” says Michel Benita “even if our group spirit and our sense of dynamics are more those of an acoustic band.”
 
Benita writes most of the ensemble’s material, his compositions often built around a strong melodic line, a tendency that may reflect the bassist’s deep affection for folk music, which has long paralleled his commitment to jazz. The inclusion of “Berceuse” by the Breton harpist and singer Kristen Noguès mirrors this interest; the piece flows naturally into Benita’s “Gwell Talenn.” Love of melody also accounts for the presence of Antônio Carlos Jobim’s “Inútil Paisagem” which, in another transition, emerges from the Benita-composed “Elisian.” The lyrical impulse, in fact, underpins all pieces, including “Cloud to Cloud”, a group improvisation created in the studio.
 
The album begins with bass harmonics from Benita, and Garcia playing his kit with his hands on “Dervish Diva”. Bassist and drummer, musical partners for more than 20 years now (including a long period with trumpet player Erik Truffaz) play together with a shared feeling for rhythmic elasticity.
 
“Islander” is an autobiographical reference, alluding to Benita’s home base on L’îsle d’Yeu, off the west coast of France but also, with its syncopated rhythms, and hints of dubstep, to islands far away. “Low Tide” lilts very gently, with a nocturnal feel that is extended in the album’s final track, an unaccompanied bass performance of Jule Styne’s “Never Never land”, once again making evident Michel Benita’s feeling for melody and its implications.
*
Michel Benita has played with outstanding improvisers including Archie Shepp, Dewey Redman, Horace Parlan, Billy Hart, Joe Lovano, Bobo Stenson, Enrico Rava, Dino Saluzzi, Lee Konitz, Harold Danko, Jon Christensen, Joshua Redman, Tom Harrell, Roy Haynes, Charlie Mariano, Peter Erskine, Kenny Wheeler, Steve Kuhn, Kenny Werner, Enrico Pieranunzi, François Jeanneau, Daniel Humair, Michel Portal, Toots Thielemans, Martial Solal, Rita Marcotulli, and many more. In addition to work with his own groups and with Andy Sheppard, recent activities have included appearances with Manu Codjia, Mieko Miyazaki, Florian Weber and Markus Stockhausen.
 
Pianist Jozef Dumoulin’s background includes study with John Taylor in Cologne. He has shaped a new and personal language for the Fender Rhodes, one that bypasses both jazz-rock and funk, the idioms with which the instrument has been associated. Looking At Sounds marks his ECM debut. Dumoulin leads several projects including the improvisation ensemble Orca Noise Unit, with Bruno Chevillon, Toma Gouband, Antonin Tri Hoang and Sylvaine Hélary, and has also recorded in duo with fellow pianist Benoît Delbecq.
In addition to his work with Benita, flugelhornist Matthieu Michel has been heard previously on ECM in the group of singer Susanne Abbuehl on The Gift. Recent live work has included guest appearances with Nik Bärtsch’s Ronin, and with Wolfgang Muthspiel. Early in 2020 he contributed to sessions for Elina Duni’s forthcoming album.
 
Philippe Garcia studied at the Lyon Conservatory and has played across the genres from classical music to free improvising. He lived for several years in Turkey where he was a member of the Istanbul Symphony, taught percussion in Ankara, and accompanied local artists. Early in his career he played with Don Cherry and Barre Phillips and worked with choreographer Carolyn Carlson.
 
Looking At Sounds was recorded at Studios La Buissonne in Pernes-les-Fontaines, France, in March 2019.
Michel Benita (1954 in Algier geboren), hat seit Anfang der 1980er Jahre einen festen Platz im Herzen der französischen Jazzszene. Er verfeinerte sein Handwerk in den Clubs und Konzertsälen von Paris und arbeitete dabei mit einer Vielzahl von Gaststars, lokalen Musikern und sogenannten Expatriates. Er war Bassist in der Ur-Formation des französischen Orchestre National de Jazz, ist aber von seinem Temperament her ein Weltbürger, der die verschiedenen Akzente und unabhängigen Blickwinkel wertschätzt, die Musiker aus unterschiedlichen Regionen in die Musik einer Band einbringen können. Benita gab sein ECM-Debüt als Mitglied von Andy Sheppards Trio Libero im Jahr 2011 und wirkte auch an Sheppard’s Surrounded by Sea (2014) und Romaria (2017) mit. Seine erste Platte als Leader für das Label war River Silver, aufgenommen 2015 mit seiner Gruppe Ethics.
 
Das Quartett auf Looking At Sounds behält den Schweizer Flügelhornisten Matthieu Michel und den französischen Schlagzeuger Philippe Garcia aus der Ethics-Besetzung, hinzu kommt der belgische Keyboarder Jozef Dumoulin. Dumoulin ist weitgehend für die strukturellen Eigenheiten der überarbeiteten Musik der Gruppe verantwortlich und verwendet sein Fender-Rhodes-Piano auf subtile, beinahe lautmalerische Weise. Seine einnehmenden Farben wirbeln um den harmonischen Rahmen der Stücke und unterstützen phantasievoll die Exkursionen des Flügelhorns. Wenn Matthieu Michel oft die Lead-Stimme hat, so bevorzugt Benitas Gruppenkonzept doch die kollektive Kreativität gegenüber einer bloßen Aneinanderreihung von Soli. Er ermutigt seine Musiker, auf den melodischen Verästelungen der Melodien aufzubauen und "zu einem totalen, globalen Klang zu verschmelzen", eine Idee, die bei der Melodie "Body Language" erfahrbar wird.
 
Mit Ausnahme von Matthieu Michel, der auf dieser Aufnahme nur Flügelhorn spielt, mit einem freien, lyrischen Flair, das manchmal an den verstorbenen Kenny Wheeler erinnert, setzen alle Mitglieder der Gruppe dezent Elektronik ein. Benita fügt von Zeit zu Zeit einen Bordunton aus seinem Laptop hinzu. Garcia integriert Echtzeit-Sampling in sein Percussiion-Spiel. Und Dumoulin bearbeitet sein Rhodes durch viele Effektboxen, Pedale und Reverbs, um eine leuchtende Patina des Klangs zu erzeugen – zum Beispiel am Anfang des Titeltracks "Looking At Sounds", dessen Name Programm ist. "Ich benutze gerne ein wenig Elektronik, fast schon als zusätzliches Instrument, oder um der Musik eine neue Richtung zu geben", sagt Michel Benita, "auch wenn unser Gruppengeist und unser Sinn für Dynamik eher dem einer akustischen Band entspricht".
 
Benita schreibt den Großteil des Materials für das Ensemble. Seine Kompositionen sind oft um eine starke melodische Linie herum aufgebaut, eine Tendenz, die vielleicht die tiefe Zuneigung des Bassisten zur Folkmusik widerspiegelt, die seit langem parallel zu seinem Engagement für den Jazz besteht. Die Aufnahme von "Berceuse" der bretonischen Harfenistin und Sängerin Kristen Noguès spiegelt dieses Interesse wider; das Stück fließt auf natürliche Weise in Benitas "Gwell Talenn" ein. Die Liebe zur Melodie erklärt auch die Präsenz von Antônio Carlos Jobims "Inútil Paisagem", das in einem weiteren Übergang aus dem von Benita komponierten "Elisian" hervorgeht. Der lyrische Impuls liegt in der Tat allen Stücken zugrunde, auch "Cloud to Cloud", einer im Studio entstandenen Gruppenimprovisation.
 
Das Album beginnt mit Bass-Harmonien von Benita und Garcia, der im Opener "Dervish Diva" sein Schlagzeug mit den Händen bearbeitet. Bassist und Schlagzeuger, musikalische Partner seit mehr als 20 Jahren (darunter eine lange Zeit mit dem Trompeter Erik Truffaz) spielen hier gemeinsam mit einem großartigen Gefühl für rhythmische Elastizität zusammen.
 
"Islander" ist eine autobiographische Referenz, die auf Benitas Heimatort auf der L’îsle d’Yeu vor der Westküste Frankreichs anspielt, aber mit ihren synkopierten Rhythmen und Andeutungen von Dubstep auch auf weit entfernte Inseln verweist. "Low Tide" tönt nocturne-haft sanft, eine Stimmung, die sich im letzten Stück des Albums fortsetzt, einer unbegleiteten Bass-Performance von Jule Stynes "Never Never Land", die noch einmal  Michel Benitas Gefühl für Melodien und deren Implikationen deutlich macht.
 
 
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Michel Benita hat mit herausragenden Improvisatoren wie Archie Shepp, Dewey Redman, Horace Parlan, Billy Hart, Joe Lovano, Bobo Stenson, Enrico Rava, Dino Saluzzi, Lee Konitz, Harold Danko, Jon Christensen, Joshua Redman, Tom Harrell, Roy Haynes, Charlie Mariano, Peter Erskine, Kenny Wheeler, Steve Kuhn, Kenny Werner, Enrico Pieranunzi, François Jeanneau, Daniel Humair, Michel Portal, Toots Thielemans, Martial Solal, Rita Marcotulli und vielen anderen gespielt. Neben der Arbeit mit seinen eigenen Gruppen und mit Andy Sheppard hatte er in letzter Zeit Auftritte mit Manu Codjia, Mieko Miyazaki, Florian Weber und Markus Stockhausen.
 
Der Pianist Jozef Dumoulin studierte unter anderem bei John Taylor in Köln. Er hat für das Fender Rhodes-E-Piano eine neue und persönliche Sprache geprägt, die sowohl den Jazz-Rock als auch den Funk, jene Idiome, mit denen das Instrument meist assoziiert wird, umgeht. Looking At Sounds stellt sein ECM-Debüt dar. Dumoulin leitet mehrere Projekte, darunter das Improvisationsensemble Orca Noise Unit mit Bruno Chevillon, Toma Gouband, Antonin Tri Hoang und Sylvaine Hélary. Desweiteren hat er im Duo mit seinem Pianistenkollegen Benoît Delbecq Aufnahmen veröffentlicht.
 
Zusätzlich zu seiner Arbeit mit Benita war der Flügelhornist Matthieu Michel bei ECM bereits in der Gruppe der Sängerin Susanne Abbuehl auf deren Album The Gift zu hören. Zu seinen jüngsten Live-Auftritten gehören auch Gastspiele mit Nik Bärtschs Ronin und mit Wolfgang Muthspiel. Anfang 2020 wirkte er an den Sessions für das kommende Album von Elina Duni mit.
 
Philippe Garcia hat am Konservatorium von Lyon studiert und in allen Genres von klassischer Musik bis hin zur freien Improvisation gearbeitet. Er lebte mehrere Jahre in der Türkei, wo er Mitglied des Istanbuler Symphonieorchesters war, Schlagzeug in Ankara unterrichtete und einheimische Künstler begleitete. Zu Beginn seiner Karriere spielte er mit Don Cherry und Barre Phillips und arbeitete mit der Choreografin Carolyn Carlson zusammen.
 
Looking At Sounds wurde im März 2019 in den Studios La Buissonne in Pernes-les-Fontaines, Frankreich, aufgenommen.
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