Scardanelli war der selbst gewählte Name Friedrich Hölderlins in den Jahren 1807 bis 1843, die er in beschaulichem Wahnsinn bei einem Tübinger Schreiner lebte, Blumen pflückend, schreibend, auf dem Klavier improvisierend. Die CD Scardanelli enthält die verdichtete Tonspur eines Films von Harald Bergmann, der sich dieser Zeit annähert, mit Hilfe von Originalberichten, großer Musik und etlichen „Mit Unterthänigkeit Scardanelli“ gezeichneten Gedichten. ... Man muss weder Fakten noch Filmbilder kennen, um in die aus Stimmen und Klang perfekt gewölbte Atmosphäre eingesogen zu werden: In knorrigem, daguerreotypiehaft echtem Schwäbisch beschreiben Hölderlins Pfleger die Dämmerjahre von außen, dazwischen tun sich wie dunstige Sommertage Scardanellis Gedichte auf ... Walter Schmidinger taucht sie in eine Selbstvergessenheit, die mit Rhythmen und Reimen spielt wie ein hingegebenes Kind.
Diese Unschuld schützt die Gedichte vor dem Bann so magnetischer Stücke wie Schuberts Streichquintett in C-Dur, lässt Wort und Musik in freiem Nebeneinander assonieren. So erklingt die Musik wie das sphärische Echo der Dichtung, in der die zerbrochene Welt noch einmal zusammengefügt ist, mit allen Rissen sichtbar. Wie in Schmidingers Stimme, durch die in Hölderlins Nacht ein heller innerer Himmel aufbricht.
Wilhelm Trapp, Die Zeit
Das Hörspiel nähert sich dem Dichter in Originaltexten, in dokumentierten Zeugenaussagen und Berichten, ohne vorzugeben, Hölderlins wirklich habhaft zu werden. Schilderungen von Chronisten, Gedichte und gefühlsgeladene Dialoge zwischen Dichter und Freunden sind zu einem dichten poetischen Netz versponnen. ... Bergmanns hoch atmosphärische Collage, unterlegt mit Musik von Mozart, Schubert oder Bach, lässt die ganze Dimension dieser tragischen Existenz erahnen.
Wolfgang Platzeck, Wolfsburger Allgemeine