Zu Werke gehen profilierte Indiviualist*innen, die sich auf der Suche nach neuen musikalischen Destinationen – teils neu – finden. Der interkontinentale Zug macht bei lebensweisen Texten aus mehreren Sprachräumen Station, darunter: Farsi, Hebräisch, Arabisch und Türkisch. Dabei kostet das Trickster Orchestra ungewohnte Farbkombinationen aus: Wer meint, über vertraute Orchesterstimmen hinaus die iranisch-türkische Längsflöte Ney (Mohamad Fityan), die chinesische Mundorgel Sheng (Wu Wei) oder die orientalische Zither Kanun (Bassem Alhouri) zu kennen, wird sich unter Umständen in Unsicherheit wiegen und diese Unsicherheit durchaus genießen können: Fragen wie jene, wann genau ‘electronics’ (Korhan Erel, Joss Turnbull, Milian Vogel) oder traditionelles Instrumentarium zu hören ist, lösen sich auf wie schlechte Gewohnheiten. In Gang gehalten wird die kollektive Recherche durch teils treibende Rhythmen. Cymin Samawatie und Ketan Bhatti veranstalten Fernreisen für neugierige Ohren. Grenzkontrollen oder Reisebeschränkungen lassen sie für eine gute Stunde vergessen.
Wolfgang Gratzer, Jazzpodium
Letztlich sind es die Kompositionen von Bhatti und Samawatie, die dem Ganzen eine unverwechselbare Handschrift verleihen. Wer die komplexen, eigenwilligen Rhythmen Bhattes einmal gehört hat, wird sie auf Anhieb wiedererkennen. Samawatie wiederum geht hier weit über das hinaus, was sie mit ihrem Quartett Cyminology vorgelegt hat: Ihr Ausgangspunkt ist das Lied, auch hier teilweise auf Basis der Texte der klassischen persischen Dichter Hafiz und Rumi, aber auch von Psalmen und zeitgenössischer türkischer Lyrik. […] Eigentlich hatte das Orchester 2013 aus Neugier auf musikalische Begegnungen zusammengefunden. Gleichwohl scheint hier ein Modell, ja ein Keim für ein neues Miteinander zu liegen, auch über den musikalischen Bereich hinaus. Ein Umgang mt Vielfalt, der Differenzen nicht nivelliert, sondern auf höchstem Anspruchsniveau zum Harmonieren bringt.
Dietrich Heißenbüttel, Neue Zeitschrift für Musik
Beim Trickster Orchester ist der Name Programm: Traditionen werden ausgetrickst und Regeln werden gebrochen, scheinbar Unvereinbares wird vereint: So erzeugt das Aufeinandertreffen unterschiedlich gestimmter Instrumente wie die türkische Kanun mit der Violine oder Bratsche für mit westlicher Musik geschulte Ohren harmonische Reibungen. Unterschiedliche Tonsysteme werden hier nicht einem einzigen untergeordnet, sondern stehen nebeneinander. Doch nicht nur Klänge, auch das Perkussive wird aus der üblichen Rolle der schieren Begleitung befreit […] Dass hier ein Orchester wie eine Jazz-Band denkt, ist vor allem dem Stück ‘Modara’ anzuhören, mit seiner wunderbaren Verschaltung elektronischer Sounds mit Jazz-Mustern und spätromantischen Streicherarrangements ein Highlight. Es kann exemplarisch stehen für die transtraditionelle Vision des 23-köpfigen Orchesters, das von Cymin Samawatie und Ketan Bhatti geleitet wird.
Philipp Rensius, TAZ
The time spent in preparation has resulted in something rather extraordinary: a music in which the sheng of Wu Wei and the viola of Martin Stegner have equal weight, in which the double bass of Ralf Schwarz can emerge with a walking 4/4 line and the various items of tuned percussion can set up rhythm patterns reminiscent of Steve Reich. The words of the songs range from Psalm 130 to the Sufi poet Rumi and the contemporary poet Efe Duvan, and are sung in Farsi, Hebrew, Arabic and Turkish. The lyricism is always poised and sometimes swooning, but the serenity can be punctured by a fusillade of drums, subtly coloured by electronics. It’s not a mosaic, but it is a kaleidoscope. Each musician retains her or his own tuning and vocabulary. The various tones, textures and idiomatic accents are overlapped, juxtaposed and filtered through each other, creating something much more interesting than a flavourless fusion.
Richard Williams, The Blue Moment
Musik wie eine Entdeckungsreise – in Gegenden, die man vielleicht schon kennt, aber nicht so. Und: Die man noch nicht kennt, die aber trotzdem vertraut erscheinen. […] Die Sängerin und Komponistin Cymin Samawatie, deren Eltern aus dem Iran stammen, und der deutsch-indische Schlagzeuger und Komponist Ketan Bhatti leiten dieses ungewöhnliche Berliner Orchester. Dessen Name, Trickster Orchestra, ist Programm: Ausgetrickst werden sollen hier alterhergebrachte Kulturschranken. Die Philosophie dahinter liefern Zeilen des persischen Dichters Rumi. Der erdachte einen Ort, in dem es kein ‘richtig’ und kein ‘falsch’ gibt, sondern nur reine Begegnung. Auf diesem Album treffen sich Klänge und Gedanken aus völlig unterschiedlichen Zeiten und Orten. Und sie gehen uns an, und das, weil sie gerade nicht in simple Pseudo-Harmonik hinübergleiten, sondern eine nicht abgenutzte eigene Tonsprache finden. Es ist aufregend und schön!
Roland Spiegel, Bayerischer Rundfunk
Cet album est un merveille. Une merveille inclassable, mais c’est précisément ce que veulent faire Cymin Samawatie et Ketan Bhatti: découvrir un nouveau langage musical partagé entre musiques de différents genres et traditions, qui transcende genres et cultures. […] Ce mélange de timbres, textures, sonorités forme un magnifique tapis pour les compositions sophistiquées des deux leaders, qui tissent des fils féconds entre musique et poésie. Les voix sont superbes, qui chantent des psaumes en hébreu, des poèmes persans, arabes, turcs. […] C’est du jazz, du classique, de la world? […] Rien de tout ça, on vous l’a dit: c’est autre chose, comme une nouvelle musique sacrée, et c’est formidable.
Jean-Claude Vantroyen, Le Soir
Dessen Musik klingt besonders, weil seine Mitglieder die Komfortzonen ihrer eigenen Musiktraditionen verlassen, um sich der ihrer Kollegen und Kolleginnen anzunähern. Dabei sol unbedingt vermieden werden, nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden oder ins einfache Dialogisieren zu kommen. ‘Wir wollen eine radikal vielfältige Musik’, sagt Samawatie. Und so theoretisch sich dieses Konzept auch anhören mag: Die Musik auf dem neuen Album klingt erstaunlich sinnlich und warm. Sie ist kein vertonter Diskurs, sondern der Klang der Sehnsucht.
Stefan Arndt, Hannoversche Allgemeine Zeitung
Drawing on inspiration from ancient to modern verses, spanning psalms to texts by Sufi poets, and incorporating an expansive set of tunes, instrumentation, dynamics, textures and colours, this is an intriguing and fascinating album. The choice of instrumentation is one of the key points throughout this experimental and adventurous recording. From the Arabic flute to the zither-like oriental kanun, electronic effects and manipulations, the music is both challenging and rewarding […] As I listen to this album, the seemingly disparate elements of the music gradually but fittingly begin to unravel in a quasi-cohesive kind of way. Something clicks in my head that allows the music to flow in and out of my ears in a very pleasing fashion. The mirrored sounds, the compositional structure, the conversational essence of the music, becomes blindingly obvious […] Perhaps better attuned to an ECM New Series release, this contemporary classical/experimental album of tunes and voices delivers a rewarding experience. There’s a festival flavour throughout, with a joyous after-taste that’s not lost on this listener.
Mike Gates, UK Vibe
Gleich mehrere Klangidentitäten unterschiedlicher Herkunft werden auf diesem Album wie in einem Teilchenbeschleuniger durchienandergewirbelt: Klänge der türkischen Zither Kanun oder der chinesischen Mundorgel Sheng treffenauf spätromantische Streicherarrangements und elektronische Sounds mit Jazz-Grooves. Als säße man in einem lauschigen Club im New Yorker Greenwich Village, bewegen sich die tönenden Elementarteilchen hier gleichberechtigt nebeneinander in ihren Umlaufbahnen, improvisieren, suchen und finden sich, um sich wieder zu verlieren. Ganz so wie bei der archetypischen Trickster-Figur werden alte Ordnungen gestört und neue Klangwelten geschaffen, die keine blumigen Metaphern oder Exotismen mehr brauchen. Traditionelle Spielweisen werden ebenso aufgekündigt wie die Ordnung der Instrumente, und so erzeugt das 23-köpfige Ensemble in besonders funklnden Momenten wie bei ‘Kords Kontinuum’ oder dem türkischsprachigen ‘Keşke’ eine Beschwörungskraft, die ihresgleichen sucht.
Sinem Kiliç, Die Zeit
This latest release from Cymin Samawatie and Ketan Bhatti, known to followers of ECM from their highly personal recordings under the group name Cyminology, should not be seen as a continuation of the work of the small group but as a new and separate project. With the larger ensemble, Samawatie and Bhatti draw on multiple disciplines and their own musical experiences to provide a unique and fascinating sonic palette that extends far beyond anything that they have previously collaborated on. […] Quite how Bhatti and Samawatie have brought this diverse transcultural ensemble together, and written for it so cohesively is no mean feat, and an aural delight. Sounds and textures that dominate the senses on one hearing will often fade upon subsequent listening to reveal new nuances, such is the range of sounds elicited from the Orchestra. This is no more evident that on the superb ‘Kords Kontinuum’, composed by Bhatti, that seems to sum up everything that the orchestra has to offer in a most satisfying performance. Overall, what makes the arrangements so arresting throughout is the way in which the ensemble is often broken down into smaller units that continually change and move within the music from percussion ensemble, interjections and short passages for vibraphone and marimbas […] Samawatie’s vocals are beautifully enveloped by the string quartet in another skilfully scored ensemble-within-an-ensemble on the opening ‘Shir hamalot’; and the trio of voices of Rabih Lahoud, Sveta Kundish and Cymin are simply divine on ‘Gebete’ featuring the text of Rumi. The album comes to a close with the equally satisfying ‘Por se ssedaa’ featuring Samawatie in another of her compositions that, like the others that came before, is considerably more than the sum of its parts.
Nick Lea, Jazz Views
Das Instrumentarium reicht von traditionell westlicher Besetzung über die arabische Flötre zur orientalischen Zither namens Kanun und der verwandten japanischen Koto bi h in zu elektronischen Manipulationen. Das Resultat wechselt in atemberaubender Abfolge zwischen sakral anmutender Kammermusik und dynamisch aufgeladenen Explosionen im Cinemascope-Format hin und her. Eingebettet in dieses theatralisch anmutende Narratv sind von Samawatie intonierte antike und modern verse in Farsi, Hebräisch, Türkisch und Arabisch. In Zeiten des begrenzten Reisens kommt dieses weltumspannende Experiment gerade recht.
Rudolf Amstutz, Jazz’n’More
This is contemporary classical music with depth for the seasoned connoisseur. […] The coals occasionally take on the air of Gregorian chant, such as on the track ‘Gebete’, while at other times the poetry in Farsi, Arabic and Turkish lends a spiritual air to compositions that move from sparse atmospherics to discordant experimentalism. This is wide-ranging fusion at its most pure and unhindered.
Nathaniel Handy, Songlines
Le plaisir de l’attente, le goût du moment, une question pouvant apparaître en réponse à une précédente question: le déroulé musical s’ apparente presque à une fresque méditative: Les musiciens jouent avec l’espace, les nuances, les mélismes, le free jazz ou les improvisations musclees. […] La gestion de l’image sonore est donc vraiment particulière, en parfait coherence avec la musique elle-même.
Laurent Thorin, Vumètre
Furios präsent mit Konzept und Klang sind die beiden künstlerischen Leiter der 23-köpfigen Banda, die iranischstämmige Sängerin Cymin Samawatie und der deutsch-indische Perkussionist Ketan Bhatti. […] Emphatisch liefern Samawatie und Bhatti ihre instrumentalen und vokalen Abenteuer mit europäischen, west- und ostasiatischen Materialien, mit Gesungenem aus den Psalmen oder der persischen Dichtung des Hafis. Vereinte Holzbläser und Schlagzeuger in wechselnden Besetzungen bündeln geschärft die Kräfte aus Klassik, Jazz und Improvisation, Elektronik und HipHop.
Wolfgang Schreiber, Süddeutsche Zeitung