01.12.2023 | Reviews of the week
International media welcome the new album Tractus with music by Arvo Pärt
Ever since ECM inaugurated its New Series in 1984 with ‘Tabula Rasa’ the recordings of Pärt’s’tintinnabuli music’ that have appeared on the label have carried a particular air of mystery in their sound. Whether that’s because of the performers, the producer Manfred Eicher’s recording techniques or some secret ingredient is hard to discern. But it is certainly true of this collection focusing largely on music for strings, chorus and both. The album begins in a deeply autumnal mood with ‘Littlemore Tractus’, a setting of a Cardinal Newman text on the twilight of life. A drone in the strings and shifting fourths and fifths link Pärt’s sounds to centuries-old sources of inspiration. A set of ‘Greater Antiphons’, string orchestra arrangements of what were originally choral works, reminds us how strong the affective element of his music is even in the absence of text. […] ‘L’abbé Agathon’, a somber setting of an early Christian parable that at times resembles a verismo aria, is the longest work on the album. At its climax, the soprano (the outstanding Maria Listra), reaches a high passage sung with surpassing quiet and serenity. There, in one radiant yet austere moment, is this composer’s essential voice.
David Weininger, The New York Times
Arvo Pärt ist für seine sphärischen, mystischen Klänge bekannt. Diesem Stil ist er auch in seiner Komposition ‘Littlemore Tractus’ treu geblieben. Hier hat Pärt Worte aus einer Predigt zum Thema ‘Weisheit und Unschuld’ des Dichters und Priesters John Henry Newman für Chor und Orchester vertont. […] Durch den schreitenden Charakter der Musik und den homogenen, transparenten Klang des Estnischen Philharmonischen Kammerchors, zusammen mit dem Tallinner Kammerorchester unter Tõnu Kaljuste, wird das Werk zu einer berührenden Klangmeditation. Chor und Orchester verschmelzen auf sehr besondere Weise zu einem phantastischen Gesamtklang. […] Zu diesem herausragenden klanglichen Ergebnis trägt sicher auch der Ort der Aufnahme, die Methodistenkirche in Tallinn bei. Am Ende der Einspielung geistlicher Werke von Arvo Pärt steht das ‘Vater unser’ – auf Deutsch. Der besondere Klang entsteht hier durch die Kombination aus Chor, Orchester und Klavier. In der Schwere und Melancholie der Musik liegt zugleich auch etwas Friedliches, eine Hoffnung. Ein sehr ergreifendes, stimmungsvolles und gelungenes Album, auf höchstem Niveau präsentiert.
Miriam Stolzenwald, Deutschlandfunk Kultur
Si le chœur est une merveille de clarté et d’homogénéité, l’orchestre, sollicité dans de registres comparables, n’est pas de reste, contribuant à déployer un univers sonore large et lumineux, infini et intime à lafois.
MDM, La Libre Belgique
The piano solo album Call On The Old Wise by Nitai Hershkovits is reviewed in a German daily paper
Wie Jarrett ist Nitai Hershkovits ein improvisierender Tonmaler, der sich im Jazz ebenso zuhause fühlt wie in der Klassik. Er geht in jede Aufnahmesession mit so wenig vorgefassten Ideen wie möglich, sagt der35jährige. Das ist seinem ECM-Debüt im besten Sinne anzuhören.
Holger True, Hamburger Abendblatt
Early international reactions to the new live album Strands by Palle Mikkelborg, Jakob Bro and Marilyn Mazur
Jakob Bro has never sounded more brooding and stark than here on ‘Strands’. And we’d put that factor down to the mesmerising presence on this Danish supergroup of a trio of Palle Mikkelborg whose atmospheric trumpet playing is matched by the ever expansive percussive ideas from Marilyn Mazur. A live album recorded at the Danish Radio Concert Hall earlier this year drawing on music from guitarist Bro’s albums ‘Returnings’ and ‘Gefion’, there is a beautiful aching quality to the development of the pieces that always take their time and linger long in the imagination. Mikkelborg is superb throughout […] And the spirit of Miles Davis you could even say hovers over the record, not surprising perhaps given both Mikkelborg and Mazur both collaborated with Miles. As for Bro he continues to conjure remarkable modal moods and on the title track particularly the sheer humanity of his sound shines through and always arrives kind of blue.
Stephen Graham, Marlbank
Welch weite Räume, was für ein emotionaler Sog! Einiges an Elektronik, aber zu keinem anderen Ziel eingesetzt als einem grossen Atem. Wo sonst entsteht aus soviel Technik soviel Natur wie in der Musik dieses dänischen Trios: die Trompeterlegende Palle Mikkelborg (*1941), ein Seelenbruder von Miles Davis (für den er 1984 das Album ’Aura’ arrangiert hat); der Gitarrist Jakob Bro (*1978), ein melomaner Magier […] und die Perkussionistin Marilyn Mazur (* 1955). Nach Mikkelborgs Zusammenarbeit mit Davis gehörte sie bis 1989 als Drummerin zur Band von Miles, danach für mehrere Jahre zu der von Jan Garbarek. Der hat von ihr einmal gesagt, ihr Spiel sei ‘wie das Wehen des Winds in den Bäumen.’ Das gilt für die Musik der Gruppe auf diesem Live-Album insgesamt, eines Klangkörpers im Wortsinn. Sie malt nicht musikalische Landschaften nach der Natur (etwa in Anspielung auf die kontemplative Kunst von Caspar David Friedrich), sie baut Klangräume, die allenfalls mit den Bühnenbildern von Erich Wonder zu vergleichen wären. Sie bildet keine Natur ab, sie ist Natur. […] Das Publikum rührt sich nicht an jenem Februarabend 2023 in der Radio Concert Hall von Kopenhagen. Am Ende hört jeder nur noch den eigenen Herzschlag. Ein Vorgang wie eine Beschwörung. Wie das Konzert insgesamt. Seine Intensität verdankt es der extremen Sparsamkeit aller Beteiligten. Im Sog der Auslassungen, der Pausen, des Schweigens beginnt die Fantasie des Zuhörers ihren Flug. Und sie ist, man wagt es kaum zu sagen, eine Folge der unverschämten Schönheit dieserMusik.
Peter Rüedi, Weltwoche
Man kann sich auch ohne jegliches Vorwissen an den subtilen, von Bros Gitarre zur äußerst sensiblen Perkussion Mazurs wundervoll zum Schweben gebrachten Soundlandschaften erfreuen, auf die Mikkelborg seine an Miles Davis geschulten, nachdenklich melancholischen Trompeten- und Flügelhornlinien bettet. Der Opener ‘Gefion’ ist solch ein mit allerfeinsten musikalischen Mitteln inszeniertes Stück – wunderschönes Kopfkino zum Wegträumen auf höchstem Niveau. Die intime Atmosphäre setzt sich in ‘Oktober’ mit weit entfernt scheinenden, verhallten Flügelhorntönen, zart gezupftem Saitenzauber und unglaublich dezenten Rhythmen fort – viel näher als Marilyn Mazur kann ein Perkussionist der Stille nicht kommen. Darauf folgt das zupackende, mit forcierten Rhythmen, verzerrten E-Gitarrentönen und röhrender Trompete zum Pulsieren gebrachte ‘Returnings’ – das einzige Stück, das Bro nicht allein, sondern gemeinsam mit Mikkelborg komponierte, und das schließlich ebenfalls im Ätherischen verhallt. Das Titelstück ‘Strands’ bietet knappe zwölf Minuten lyrisch verträumter Schönheit, ins Outer-Space entrückt, nimmt zwischendurch für ein paar Takte ein bisschen an Fahrt auf, um schließlich minutenlang – von mit dem Bogen gestrichenen Metallplatten akzentuiert – in Richtung absoluter Stille zu verhallen. […] Ein Winteralbum, das man konzentriert und laut an einem gemütlichen, ruhigen Plätzchen hören sollte – mit jedem Durchlauf entwickelt es sich mehr zur absolut nebenwirkungsfreien Droge.
Peter Füssl, Kultur
Ähnlich, wie am Strand schwer zu ahnen ist, wohin die auflaufende Wellen Sand und Steine spült, welche Formen entstehen, wie sich das Material mit dem Wasser wieder zurück bewegt, wirkt auch das Zusammenspiel des Trompeters Palle Mikkelborg, des Gitarristen Jakob Bro und der Perkussionistin Marilyn Mazur. Deren Klänge landen an, bilden taktlose Formen, ebben auf und ab. Etwas mehr als eine Dreiviertelstunde improvisierte das Trio im Februar 2023 in der Danish Radio Concert Hall, davon mehr als eine halbe Stunde ohne Unterbrechung. […] Das Verblüffende: Der freie Fluss der Gedanken hat zu einem faszinierend freien Reisen ins Reich der Spontaneität geführt und wirkt trotzdem wohlüberlegt und alles andere als willkürlich.
Werner Stiefele, Rondo
A German music monthly on the album Wind And Sun by Sinikka Langeland
Nach Runenliedern ihrer waldreichen Heimat präsentiert die 60-Jährige hier mit einem All-Star-Ensemble zwölf Gedichte des 1959 geborenen norwegischen Lyrikers Jon Fosse […] Verdichtet werden ihre duftigen Klanggespinste, in denen auch mal ein Donnergrollen aufblitzt, vom Saxofonisten Trygve Seim, der dezent schöne Melodien einbringt, während Mathias Eick seine Trompete zart-rauchig strahlen lässt. Dazu pulst, sofern er nicht mit dem Bogen vibrierende Flächigkeit evoziert, Mats Eilertsen einzelne Bassnoten von sonorer Intensität, die sich zu tänzelnder Geläufigkeit aufreihen und vom filigran trommelnden Thomas Strønen mit vertrackten Beats unterlegt werden. Dynamisch schillernd ist ’Wind And Sun’ ein Solitär im Genre ’Lyrik & Jazz’ – ergreifend emotional und hochmusikalisch.
Sven Thielmann, Fono Forum
A German reviewer on the album Dance of the Elders by Wolfgang Muthspiel with Scott Colley and Brian Blade
Leise schleichen sich die Klänge heran, warm tönt die Gitarre und darüber blinzeln ganz sachte helle Glöckchen. Der österreichische Gitarrist Wolfgang Muthspiel lässt sein neues Album ‘Dance of the Elders’ mit leisen Tönen beginnen. Er ist ein Meister des Dezenten. Das unterstreicht er hier und knüpft dabei nahtlos an sein letztes Album bei ECM an, das er ebenfalls im Trio mit Scott Colley (Bass) und Brian Blade (Schlagzeug) eingespielt hat. […] Der Opener ist wie ein Panoramablick auf die ganze Platte. Alles, was in den kommenden 45 Minuten entfaltet wird, ist im Keim schon vorhanden: konzise, folkige Motivik, die eleganten, sensibel gesetzten Farbtupfer von Bass und Drums, das dramaturgische Prinzip, dass sich Elemente allmählich herausschälen. Dieses Verfahren bringt Muthspiel im Folgetitel auf den Punkt: ‘Prelude to Bach’ beginnt tastend und suchend wie ein Lauten-Ricercar des 17. Jahrhunderts (wenn auch mit Jazzharmonik), um dann auf einmal Bachs Choral ‘O Haupt voll Blut und Wunden’ hervortreten zu lassen – ein echte Überraschung. […] . Joni Mitchells ‘Amelia’ ist ein Abschluss, der diese von feinstem Zusammenspiel geprägte Platte stimmungsvoll und leise beschließt
Tobias Pfleger, Fairaudio
The album Uncle John’s Band by the John Scofield Trio is hailed by US media
If there’s an overarching approach, it’s the relaxed vibe the trio maintains throughout – revving up a bit for Scofield’s own ‘How Deep’ and slowing it down for Leonard Bernstein’s ‘Somewhere’ – ideal for the trio setting and the tight connection between the leader and his frequent drummer, Bill Stewart. Their ability to communicate has seldom sounded more evident than on ‘Mo Green, ‘which extrapolates Scofield’s ’Green Tea’ with a clever bow to one of ‘The Godfather’’s more memorable villains.
James Hale, Downbeat
The double-CD Uncle John’s Band features the guitarist in the perfect setting for his playing at this point of his career, in a trio with bassist Vicente Archer and drummer Bill Stewart. The loose and laidback setting gives Scofield the freedom to think aloud at his guitar, making use of space, dynamics, and spontaneous melodic ideas. […] no matter what its origin, the music has a strong unity with intuitive playing by Archer (who has occasional solos) and Stewart that gives Scofield a strong foundation in which to come up with free, fresh and generally melodic statements. […] heartily recommended.
Scott Yanow, L.A. Jazz Scene
A US reaction to the album Éventail by Heinz Holliger with Anton Kernjak
In liner notes for ‘Éventail’, Swiss oboist Heinz Holliger argues for the closeness of his instrument to the human voice, a claim that finds ample support in the programme of early twentieth-century French music he curated for the recital. Intoxicating pierces by Fauré, Ravel, Debussy, Messiaen, and others do much to amplify the vocal-like quality of the woodwind, as do Holliger’s own sinuous renderings thereof. Thirteen selections in total appear on this enticing set of ‘songs without words,’ with sonatas by Saint-Saëns and Robert Casadesus the only two that are not single-movement statements. […] Holliger performs with his customary finesse, and his partners do the same […] ‘Éventail’ is issued under both Holliger and Kernjak’s names, but, with no slight meant to the pianist, the release could have been credited to the oboist only, given how dominant his presence is on the recording. That said, one of the release’s primary pleasures definitely has to do with monitoring the graceful dialogue the oboist and pianist enact from one performance to the next.
Ron Schepper, Textura