05.04.2024 | Reviews of the week

Reviews of the week

A German daily on the album Compassion by Vijay Iyer with Linda May Han Oh and Tyshawn Sorey

 

Wenn man sich so konzentriert und ergebnisoffen ins gemeinsame Nachdenken über musikalisches Material begibt wie Pianist Iyer, Bassistin Linda May Han Oh und Schlagzeuger Tyshawn Sorey, kann alles zu großer Musik werden.  In zwölf Kompositionen, neun davon aus Iyers Feder, verknüpfen sie Motive, setzen Akzente, variieren die Dynamik,  bis aus einem Vexierspiel mit scheinbaren Gegensätzen wie versonnen und ekstatisch,  reflektiert und spontan, komplex und transparent, ein ebenso überraschender wie in sich stimmiger Flow entsteht. Gerade die Unvorhersehbarkeit von dessen Verlauf ist das Betörende an diesen, Stile und Kategorisierungen souverän ignorierenden Trialogen.

Reinhold Unger, Münchner Merkur

 

Austrian and German reactions to the album Words Unspoken by John Surman

 

Alle Beteiligten wissen die kreative Entfaltungsfreiheit innerhalb der von Surman angebotenen musikalischen Anreize in den größtenteils zwischen fünf und acht Minuten langen Stücken perfekt zu nützen und den taufrisch wirkenden Altmeister auf Sopran- und Baritonsax, sowie auf der Bassklarinette zu kraftvollen und expressiven Höchstleistungen anzuspornen. Bereits die ersten Sekunden des Albums lassen aufhorchen, wenn Rob Waring im Auftaktstück ‘Pebble Dance’ seine Schlägel auf dem Vibraphon energievoll tanzen lässt, Strønen mit gefühlvoller Percussion und Luft mit schwebenden Klangwolken die Energie herunterbremsen, bündeln und schließlich in geballtem Maß an Surman weitergeben, der ein an Intensität nicht mehr zu überbietendes, folkloristisch angehauchtes Sopransax-Solo drüberlegt. Schon zum Start Ekstase pur! Darauf folgt das Titelstück, in dem Waring, Luft und Strønen, der mit dunklem Trommelgrollen ganz spezielle perkussionistische Akzente setzt, auf verschiedenen Ebenen wundervoll durch Zeit und Raum mäandern und so den perfekten Soundteppich für Surmans kraftvoll schmachtendes Baritonsax bieten. ‘Graviola’ ist ein leichtfüßig schwebendes, tänzerisches Stück, in dem die Klangflächen fließend ineinander übergehen. Als besondere Showcases für das Sopransax stechen das lautmalerische, ruhig fließende ‘Flower in Aspic’, ‘Precipice’, das durch Strønens Trommelkunst eine interessante Grundierung erfährt, und das achtminütige ‘Onich Ceilidh’ heraus, das auch Waring und Luft viel Raum für intensive Soli bietet. Auf dem sich durch verzerrte, mitunter auch eigentümlich schrille, fast schon fernöstlich wirkende Klangwelten schlängelnde ‘Belay That’ und dem durch ein langes Duo mit Strønen eingeleiteten Closer ‘Hawksmoor’ beweist John Surman seine Meisterschaft auf der Bassklarinette, die dann zum Schluss mit Vibraphon und Gitarre noch ein beschwingtes Tänzchen hinlegt.

Peter Füssl, Kultur

 

Es gibt nicht viele Jazzmusiker mit einem derart distinktiven Ton wie den britischen Altmeister auf Sopran- und Baritonsaxofon sowie Bassklarinette. Lange hat John Surman sich mit Veröffentlichungen zurückgehalten, doch es bedarf nur weniger Töne, um wieder vollends in sein Universum abzutauchen. […] Für seine neue Einspielung hat er sich mit einem neuen personellen Umfeld umgeben, das wesentlich jünger ist als er selbst. Mit Gitarrist Rob Luft, Vibrafonist Rob Waring und dem norwegischen Schlagzeuger Thomas Strønen gelingt es dem hellwachen 79-Jährigen, an die großen Würfe seiner ECM-Alben aus den 1970er- und 1980er-Jahren anzuschließen. Surman erweist sich einmal mehr als romantisch expressiver Landschaftsmaler, dessen Klangfarbenauftrag im übertragenen Sinn an seinen großen Landsmann William Turner erinnert. Die Auswahl seiner Farbtöne ist kräftig und doch transparent, das Klanglicht seiner Kompositionen suggeriert eine Ahnung von der Existenz hinter dem Horizont. Seine drei jüngeren Kompagnons erhalten viel Gelegenheit für ihre eigene Pinselführung. ‘Words Unspoken’ ist ein schönes Album, das sich beileibe nicht nur an Jazzhörer wendet.

Wolf Kampmann, Jazzthing

The duo album Touch of Time by Arve Henriksen and Harmen Fraanje is reviewed in UK and German music media

 

Over ten delicate and meditative pieces that occupy a kind of happy middle ground between composition and improvisation, the duo – who first performed together in 2019 in Utrecht as part of ECM’s 50th anniversary celebrations – appear to complement each other perfectly. Henriksen’s shakuhachi-toned trumpet and ethereal electronic assists are grounded by Fraanje’s spare chording and querulous-sounding solo adventures in taking a line for a walk. It’s all rather exquisitely indefinite, with little sense of solidity, but very effective for all that.

Phil Johnson, London Jazz News

 

Die Leisheit und Zärtlichkeit, mit der sich Harmen Fraanje und Arve Henriksen hier begegnen, verleiht der gemeinsamen Unternehmung den Charakter seltener Vertrautheit. Abrupte Sprünge bleiben ausgespart, Klavier und Trompete lassen – mehrheitlich improvisierte –Bicinien entstehen, die weit mehr an zweistimmig-sakrale Renaissance-Vokalisten erinnern, den an betriebsame Duos späterer Jahrhunderte. […] Wer Henriksens Beteiligung an der Ambient-Jazz-Formation Supersilent schätzt und für eine Weiterentwicklung seiner ‘Cartography’-Stilistik offen ist, wird diesem Album mit offenen Ohren und Staunen begegnen.

Wolfgang Gratzer, Jazzpodium

A leading Spanish daily paper on the live album Strands by Palle Mikkelborg, Jakob Bro and Marilyn Mazur

 

En ‘Strands’ todo es espacio y contemplación con las guitarras de Bro y la percusión de Mazur creando fondos aéreos, tejidos con pura calma, a través de los cuales la trompeta de Mikkelborg se desliza con gracia y fluidez. El epicentro de todo está en la guitarra y las composiciones de Bro, que marcan la pauta en cada pieza levantando magníficos andamios sonoros, enraizados en la tradición nórdica…

Yahvé M. de la Cavada, El Pais

French and German music magazines on the album Éventail by Heinz Holliger with Anton Kernjak

 

Saluons enfin une magnifique interpretation de la ‘Controversia’ (1968) de Jolivet par son dédicataire au hautbois et Alice Belugou à la harpe, partition la plus moderne de ce programme qui achève de déployer un large éventail de sonorités inouïes.

Bertrand Hainaut, Diapason

 

Die Rezitationen dieser exquisiten Vocalisen-Selektion sind  Heinz Holliger, in perfekter Interaktion mit seinen Partnern, bestens gelungen. Ein Hoch auf die Hautbois!

Hans-Dieter Grünefeld, Sonic

UK and French reactions to Keith Jarrett and Jan Garbarek’s album Luminessence within the vinyl reissue series of the same name

 

‘Luminessence’, the classic album from which the ongoing series of ECM audiophile reissues takes its name, comes from a peak period in the creative association between Keith Jarrett and Jan Garbarek. Recorded in 1974, immediately after their stunning ‘European Quartet’ album ‘Belonging’, Jarrett’s writing for string orchestra and saxophone allows Garbarek to improvise freely over the mesmerising and dynamic orchestrations. So great was the rapport between the two musicians that Jarrett was able to compose the music for this album with a clear understanding and confidence in how Garbarek would respond. And the saxophonist’s impassioned and expressive playing speaks volumes in how he helped create such a powerful yet personal and immersive landscape of sound. […] And yet again in this wonderful Luminessence series, it is, apart from the music itself – obviously, the quality of the sound that stands out most. The vinyl is pristine, with the audio being of such a high quality that it’s difficult to imagine listening to anything better.

Mike Gates, UK Vibe

 

‘Luminessence’ est à (re)décrouvrir d’urgence.

Étienne Dorsay, Jazz Magazine