08.11.2024 | Reviews of the week
The live album The Old Country by Keith Jarrett with Gary Peacock and Paul Motian
In April 1994 the single album ‘At The Deer Head Inn’ was released to critical acclaim, and now thirty years later a second volume of music from that memorable evening has been made available. Given Jarrett’s penchant for releasing bulky box sets, with hindsight it seems strange that more of the material was not released at the time; but we can be grateful that Eicher and Jarrett have at last got together to select material for this album. Not for a moment is there an indication that the material is any way inferior to the original album, and listening to both records back to back one is transported into that other realm where it is almost as if you are present in the venue. […] Thirty years on, all of it has changed. Both Peacock and Motian are gone, and Jarrett no longer able to play; but thanks to these recordings we can once again marvel at the interplay and empathy between these three remarkable musicians.
Nick Lea, Jazz Views
The trio stretches out most of these standards for eight or nine minutes, delivering Nat Adderly’s title track for almost 13 minutes, where you hear Jarrett’s innate feel for the blues. Two are from Cole Porter, the swinging opener ‘Everything I Love,’ where you hear rollicking soloing from each member, and later, the oft-played ‘All of You.’ With Porter, often comes Gershwin, and surely enough, we have a most expressive rendering of ‘How Long Has This Been Going On’ as the closer. This trio also renders several very tender, including Julie Styne’s ‘I Fall in Love Too Easily’ and Frank Churchill’s ‘Some Day My Prince Will Come.’ […] We hear their talents throughout the recording to the applause of the appreciative audience through the widely recognizable Monk’s ‘Straight No Chaser,’ Victor Young’s ‘Golden Earrings’ (another blues), and those previously referenced. As with any ECM recording, the sound is pristine, with each musician coming through distinctly. To these ears, Peacock’s sturdy and creative bass lines stand out as does Motian’s special chemistry with Jarrett, able to anticipate his every move. ‘The Old Country’ is a more than worthy addition to Jarrett’s sterling catalog. Piano trio music doesn’t get any better than this.
Jim Hynes, Glide Magazine
The enchantment of jazz is that some nights have special, almost indefinable qualities; other nights are almost routine. Jarrett and Peacock have always striven to outlaw the commonplace nights. Here are the inspired variations, the technique under control, the avoidance of cliches, the teeming ideas, the adroit harmonies, the intense concentration and the graceful treatment of wonderful themes.
Jack Kenny, All About Jazz
Eine seltene Kombination: So wie hier trafen die drei nur zu einem einzigen Konzert aufeinander. Mit demselben Bassisten, aber einem anderen Schlagzeuger, nämlich Jack DeJohnette, spielte Keith Jarrett vier Jahrzehnte lang im Trio. Und mit dem Schlagzeuger Paul Motian hatte er lange vorher schon Konzerte gegeben, im Trio und im Quartett, aber immer mit einem anderen Bassisten als hier. 1994 erschien bereits der erste Teil dieses ungewöhnlichen Mitschnitts. Genau dreißig Jahre später nun der zweite. Acht Stücke, die sofort eine besonders innige Schönheit entfalten, sind da zu hören. Lyrische Glanznummern wie der Gershwin-Klassiker ‘How long has this been going on’, , ‘I fall in love too easily’ und ‘Someday my prince will come’, aber auch ein kantiger Thelonious-Monk-Evergreen wie ‘Straight no chaser’. […] Ein schlafwandlerisch sicheres gegenseitiges Verständnis: Der exzentrische Melodiker Jarrett, der kraftvoll geschmeidige Bassist Peacock und der auf ungemein leise Art expressive Schlagzeuger Paul Motian ziehen die Zuhörenden sofort in eine warmtönende Intensität hinein. Fast kann man sich die intime Stimmung in jenem Hotel am Rande des Delaware-Nationalparks vorstellen, wenn man die Aufnahmen hört. […] Bei einer ausgedehnten Version des Nat-Adderley-Klassikers ‘The Old Country’ schuf das Trio einen bluesigen Sog. Allein diesen Moment in einer Aufnahme noch einmal erspüren zu können, ist ein großes Jazz-Erlebnis. Eine Zeitreise mit zeitlosem Sound.
Roland Spiegel, Bayerischer Rundfunk
Was diese Aufnahmen so besonders macht, ist nicht allein ihr historischer Background. Es ist vor allem die fesselnde Hingabe, mit der das Trio hier zu Werke geht. Jarrett, Motian und Peacock spielen mit maximaler Aufmerksamkeit füreinander und für die Songs. Noch völlig frei von Routine und Erwartungshaltung berauschen sie sich an sich selbst und bekommen Flügel. Dabei überzeugen sie sowohl in den temporeichen wie auch in den ruhigeren Nummern. ‘Everything I Love’ verwandelt sich allmählich in einen mitreißenden Swing, Thelonious Monks pfeilschnelles ‘Straight No Chaser’ ist eine grooviges Bebop-Improvisationsmonster, das zärtliche ‘All Of You’ zeigt Jarretts Verehrung für Bill Evans. ‘The Old Country’ ist ein toller Fund und zeigt das Trio in bestechender Frühform. Selten waren Jarrett & Co. später so unbeschwert wie hier. Alleine das macht dieses Album so hörenswert.
Sebastian Meissner, Sounds and Books
The new recording of Luwig van Beethoven’s Piano Concertos by Alexander Lonquich and the Münchener Kammerorchester impresses a German reviewer
Diese neue Edition der fünf Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven hält sich an die Reihenfolge ihrer Entstehung. Daher steht das zuerst komponierte zweite Konzert am Beginn. Und schnell wird klar: Das Münchner Kammerorchester wird seinem Namen gerecht. Abwechselnd treten einzelne Solostimmen hervor – im besten Sinne kammermusikalisch. Dann schaltet sich erstmals der Solist ein, Alexander Lonquich. Sein Ansatz verrät: Für ihn steht der junge Beethoven in der unmittelbaren Nachfolge Mozarts: Lonquichs Spiel klingt in erster Linie leicht und gesanglich. Munter geperlt folgt ein erster Triller. Schon dieser erste Satz aus dem B-Dur-Konzert macht klar: In dieser Aufnahme wird viel Wert auf Transparenz gelegt, auf ein wachsames Aufeinander-Hören und Aufeinander-Einwirken […] Eine in sich geschlossene, auf jeden Fall lohnende Bereicherung des nicht gerade schmalen Katalog-Angebots bei diesen Werken.
Christoph Vratz, Südwestrundfunk
The album Ashes To Gold by the Avishai Cohen Quartet is acclaimed in the US and France
There’s a world of hurt in Avishai Cohen’s horn on this dramatic five-part suite, composed in the immediate wake of Hamas’ Oct. 7, 2023, attack on Israel that killed more than 1,200 people, triggering the tumult that continues to this day. […] While the five-movement suite reflects a full range of emotions, from enraged (the discordant Part I) to profoundly melancholic (in the funereal Part III), to anxious (the tension-release of Part V), Cohen concludes ‘Ashes To Gold’ on a somewhat hopeful note with a sparse, stately reading of ‘Adagio assai’ from Maurice Ravel’s Piano Concert on G major, followed by a lovely rendering of his teenaged daughter Amalia’s simple, melodic offering ‘The Seventh’. Out of madness and sadness, Cohen created a carthatic thing of beauty on his sixth ECM outing.
Bill Milkowski, Downbeat
Suite en cinq parties, Ashes to Gold (‘Des cendres à l’or’) se déploie en tensions, expressions d’effroi ou de compassion, dépressions dans le chagrin et la douleur, cris d’espoir et d’amour malgré tout. Magistralement composée, exécutée avec le soutien total de Yonathan Avishai au piano, Ziv Ravitz à la batterie et Barak Mori à la contrebasse, c’est une œuvre d’une force exceptionnelle.
Louis-Julien Nicolau, Télérama
The album Za Górami by Alice Zawadzki, Fred Thomas and Misha Mullov-Abbado enchants a German reviewer
Es ist ein stilles wie ergreifendes Debüt, ein Album voller symbolischer Querverweise, mit Klängen von raffinierter Beiläufigkeit, das seine Energie und Intensität aus einem unerschütterlich scheinenden Miteinander zieht. Man spürt auf ‘Za Gorami’ die ungeheure musikalische Erfahrung seiner Protagonisten. Ihr Repertoire setzt sich aus Impressionen und Zitaten argentinischer und französischer Folklore zusammen, es finden sich zahlreiche Verweise auf die sephardische Kultur und deren Lieder in ladinischer Sprache. Zugleich spürt man die große Nähe zur Kammermusik und zu sensibler Improvisationskunst. Alles durchläuft bei diesem Trio einem sich gegenseitig ergänzenden individuellen Filterungsprozess, der statt Fülle oder Vielfalt letztendlich einträchtige Musik präsentiert. Stile, Regionen, Charaktere verschmelzen mit- und ineinander, beinhalten Wehmut, Würde und Vergänglichkeit. Musik mit Authentizität und Identität.
Jörg Konrad, Kultkomplott
A Swiss music magazine on the album Unfolding by Louis Sclavis and Benjamin Moussay
‘Unfolding’ ist als Titelstück und Album eine ruhige, eher nachdenkliche, leicht wehmütige und dennoch recht optimistische Musik, die sich und ihre Themen in zumeist weiten Flügelschlägen entfaltet. Dabei ziehen, von wenigen solistischen Momenten und noch weniger schnellen Passagen und dramaturgischen Steigerungen abgesehen, beide Stimmen ihre Kreise oft unweit voneinander, ohne sich in die Quere zu kommen oder zu duplizieren. Vielmehr schaffen sie gerade aus ihrer Nähe eine Spannung, Dringlichkeit und Fragilität, die, um die Seele zu berühren, keinerlei weiterer Kapriolen bedürfen, aber zum Geheimis gehören, das dieser Kammermusik mit den sechs Moussay- und drei Sclavis-Stücken innewohnt.
Steff Rohrbach, Jazz’n’more