30.06.2023 | Reviews of the week

Reviews of the week

An Austrian reaction to the recording of C.P.E. Bach’s Württemberg Sonatas by Keith Jarrett

 

Der versierte Improvisateur Jarrett lässt jede einzelne Phrase dieser Musik lebendig werden und haucht ihr auch knapp 300 Jahre nach ihrer Entstehung eine Spontanität ein, die ihresgleichen sucht. C.P.E. Bachs Dank für diese Aufnahme wäre Jarrett sicher – er formulierte einst: ‘Aus der Seele muss man spielen, nicht wie ein abgerichteter Vogel. Ein Clavierist von dieser Art verdienet allezeit mehr Dank als ein andrer Musikus.’

Marie-Theres Himmler, Österreichischer Rundfunk

The new album Glimmer by Nils Økland and Sigbjørn Apeland is reviewed on a US website

 

Norwegian violinist Nils Økland and keyboardist Sigbjørn Apeland have been collaborating for 30 years, largely exploring the place where Norwegian traditional music and improvisation meet. On ‘Glimmer’ they delve into a collection of folk music and originals arranged for Økland’s Hardanger fiddle and violin, and Apeland’s harmonium. […] Much of it comes from or is related to the region of Western Norway known as Haugalandet, which includes Nord-Rogaland and Sunnhordland. The bulk of the pieces here were collected by Apeland in the region, along with several old transcriptions and archive recordings. In addition there are some compositions by each of the duo and one they created together. The overall mood is somber, melancholic and reflective, since the tunes mostly were taken from the serious folk song tradition rather than the region’s dance music. […] This is Økland’s sixth album for ECM, which include another acclaimed collaboration with Apeland, 2011’s ‘Lysøen – Hommage à Ole Bull’. The keyboardist also contributed to one of my favorite albums of the past decade, the Nils Økland Band’s ‘Kjølvatn’. ‘Glimmer’ is a more focused and mostly somber affair, but undoubtedly a worthy addition to the discography. Highly recommended.

Gary Whitehouse, Greenman Review

A German reviewer on the album Our Daily Bread by Joe Lovano’s Trio Tapestry

 

Zusammen mit der Pianistin Marilyn Crispell und dem Schlagzeuger Carmen Castaldi bringt er acht Kompositionen zum Klingen, die große Intimität ausstrahlen und den Raum Stück für Stück zum Schweben bringen. Die Pianistin bereitet dabei den Boden, auf dem das Saxofon Joe Lovanos höchst gefühl- und sehnsuchtsvoll die Szenerie erfüllt. Interessant sind die Fähigkeiten des Schlagzeugers […] Er ist damit der stille Star des Albums, dessen hingetupfte Beiträge an verschiedenen Schlagwerken ungemein zur besonderen Spannung beitragen, die auf ‘Our Daily Bread’ in vollendeter Klangqualität zu genießen ist. […] Mit diesen Attributen zählt auch das dritte Werk des Trios zu den großen Jazz-Momenten,von denen es im ECM-Katalog mehr gibt, als bei jedemanderen Label. […] Eine faszinierende Veröffentlichung, die lange nachwirkt.

Ralf Henke, LP-Magazin

A UK reaction to the album Eventually by the Jacob Young Trio

 

Fellow guitarists John Abercrombie and Jim Hall have been major influences on Young’s playing and composing. He is, however, a distinctive and confident player in his own right and this is apparent on ’Eventually’ where he revels in the freedom that a trio allows. As with his previous ECM albums, all nine tunes are Young’s. His music is sometimes oblique and angular, occasionally groove-based, but most often quiet and lyrical. […] The album generally is distinguished by strong melodies and a delicate interplay between the three musicians. […] a fine showcase for the guitarist’s musicianship.

Graham Spry, London Jazz News

Swiss and Austrian reactions to the new album A Time To Remember by Elina Duni

 

Die Musik auf Elina Dunis fünftem Album für ECM ist, nicht nur für Puristen, schwer einer Kategorie zuzuordnen. Sie ist weder Jazz noch Folklore, oder beides oder das eine durch das andere wahrgenommen. […] Ihrer geraden,fast vibratolosen, ebenso anrührenden wie raumgreifenden Stimme gelingt auch in den eigenen  Kompositionen (alle geschrieben mit dem Gitarristen Rob Luft) oder, andererseits, in Standards wie Sondheims ‘Send in the Clowns’, SammyFains ’ I’ll Be Seeing You’ oder Charlie Hadens  ‘First Song’ eine Art intimer, aber harter Lyrismus. Ihre seit Jahren unveränderte Band – neben dem genannten Rob Luft sind das Fred Thomas sowohl am Piano wie am sparsamen Schlagzeug, und der wie immer hinreissende, mit seinem Herzausreisser-Klang sparsam  und eindringlich als ’zweiter Sänger’ agierende Flügelhornist Matthieu Michel  -, die Band ist so eins mit Elina Dunis subtiler Kunst des Dazwischen, dass sie diese nicht ‘begleitet’, sondern mit ihr auf Augenhöhe, altmodisch gesagt: ’musiziert’. Ein Stück (und das Album insgesamt) heisst ‘A Time To Remember’. Auch das meint weniger sentimentale Einfühlung ins Gestern als Verlust und schmerzliche Distanz.

Peter Rüedi, Weltwoche

 

Im Titelstück ‘A Time To Remember’ schwelgt Duni mit ihrer klaren und ausdrucksstarken Stimme in wehmütigen, poetisch verklausulierten Erinnerungen, und dort sind auch ‘Whispers of Water’, ‘Sunderland’ und das non-verbale, die Stimme auf eindrucksvolle Weise instrumental einsetzende ‘Dawn’ angesiedelt. Luft, Thomas und Michel schaffen farbenreich, sensibel und geschmackvoll die jeweils passende musikalische Atmosphäre, was natürlich auch für die dezenten Ethno-Charme verströmenden albanischen Traditionals gilt, die Duni auf stimmige Weise ins Jazz-Idiom übersetzt. […] Die 12 von den Ursprüngen her vielleicht disparat erscheinenden Songs wirken in diesen gefühlvollen, intimen und – gerade durch den Verzicht auf große Gesten – äußerst intensiven Interpretationen wie aus einem Guss und werden durch das brillante Können aller Beteiligten zu musikalischen Kleinoden verfeinert.

Peter Füssl, Kulturzeitschrift

The album Three Or One by Fred Thomas is reviewed in a German magazine

 

Nicht das Hexen-Einmaleins, sondern hohe Kunst des Einfühlens: Aus Eins mach Drei oder wieder Eins –Three Or One. Fred Thomas, britischer Pianist, Komponist, Produzent, Grenzgänger zwischen Jazz und Klassik, hat 24 Bach’sche Orgelchoräle, Arien und Sinfonien aus Kantaten für Klaviertrio oder Piano solo arrangiert und damit überraschend neue Hörräume eröffnet. […] Die Kantatensätze  spielt Thomas sehr delikat solo: die Sinfonia aus BWV 196, vier Arien aus BWV 105, 202, 165 und33. Gerahmt wird das Ganze durch die ’Schübler-Choräle’ BWV 649 und 648 – sie machen besonders den ‘Sinn für Stille’ deutlich, von dem Fred Thomas in seinem klugen Begleittext spricht. […] Nicht allein die Strukturen, auch die geistliche Substanz der durchleuchteten Werke lässt sich in dieser klanglichen Verfremdung unerwartet klar erfassen.

Herbert Glossner, Musica Sacra

UK and German reactions to the Luminessence-reissue of Old and New Dreams

 

Old And New Dreams were a spiritual outfit helmed by Don Cherry. And this album was originally released in 1979, the session taking place at TaIent Studio in Oslo the same year. It was the band’s second album and features a core of Don Cherry (trumpet), Dewey Redman (tenor saxophone), Charlie Haden (upright bass) and Ed Blackwell (drums), musicians that had all at various stages in their careers played with Ornette Coleman’s quartet. In addition to two Coleman tunes that are covered in the set – a stretched-out version  of ’Lonely Woman’ and a highly lyrical and spontaneous rendering of ’Open Or Close’ – the group develop into their own peerless sound, harnessing Coleman’s teachings while blossoming into a much wider scope, taking influence from African and devotional styles of music and sounds from the natural world. […] Overall, it’s an avant-garde set which grooves at times, a deep and unfiltered collection of sounds, packed with deeply relaxing and spiritual timbres.

Will Fox, Echoes

 

Kreativität und spieltechnische Klasse vereinen sich hier auf höchstem Niveau.

Ralf Henke, LP-Magazin

German reviewers on Gary Burton’s The New Quartet, re-issued in the Luminessence-vinyl series

 

Ich würde Manfred Eicher gerne mal fragen, was er noch von diesen zwei Märztagen des Jahres 1973 in den fernen Aengus-Studios in Massachusetts erinnert, denn mir scheint, so neu das Quartett auch war, so neu der Lebensraum von Gary Burton nach seinem Umzug nach Boston, so neu der Produzent an seiner Seite – alles, was du hier hörst, ist von frappierender Leichtigkeit.  Als hätte es nie grosse Fragen oder kleine Probleme gegeben – und ‘laissez-faire’ und ‘loslassen’ als einzige Devise!  Selbst da, wo das Quartett dicht und ereignisreich agiert, schafft sich enorme Luftigkeit Platz. Alles beginnt mit einem Stück aus der Feder von Chick Corea: ‘Open your eyes, you can fly’, und  dieser Titel ist Programm! Da sind die Finessen des jungen Mick Goodrick, der den Fallen typischer Muster entkommt, mit jedem Solo eine kleine neue Welt kreiert. Abraham Laboriel ist ein Teufelskerl am elektrischen Bass (und könnte mit dem Sound und seinen durchweg gruppendienlichen Soli allein die Titelgeschichte eines Bass-Magazins füllen). Und angesichts der Sprunghaftigkeit der Vita des famosen Drummers Harry Blazer überrascht die Kurzlebigkeit dieser Gruppe kaum. In einem Amalgam von Psychedelik, Jazzrock, Postbop, Traumstoff, Ohrwurmgefahr sowie reinen Atmosphären entsteht nichts weniger als perfekte Quartettmusik. Wer seinen Ohren nicht traut, beginnt die Reise einfach von Neuem.

Michael Engelbrecht, Manafonistas

 

Alleine der Auftakt: Wenn nach acht Sekunden Schlagzeug und Bass einsteigen, um Burtons Spiel auf dem Vibraphon zu begleiten, setzen sich alle Moleküle im Raum in Bewegung. Vor allem Bassist Abraham Laboriel, bis dato ein No Name, treibt die Truppe mit irrwitzigem Spiel vor sich her. Ungefähr ab Minute 2:50 startet dann Mick Goodrick (damals ebenfalls ein Newbie) sein Gitarrensolo, von dem nicht wenige sagen, es sei das beste Gitarrensolo überhaupt. Fast zwei Minuten lang jagt Goodrick durch verschiedene Sounds, Techniken und Emotionen. Rockiger als Rock, jazziger als Jazz. Am Ende die Rolle rückwärts zum euphorischen wie melancholischen Thema des Stücks. Das heißt  ‘Open Your Eyes, You Can Fly’ und stammt im Original aus der Feder von Chick Corea. Nie aber klang es besser, vitaler, aufregender als hier, gespielt von einem neu zusammengestellten Quartet. […] es ist erstaunlich, wie frisch diese Stücke 50 Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch klingen. Die Dynamiken der Musiker sind selbst bei Downtempo-Stücken wie ‘Olhos de Gato’ enorm. Ständig knistert und lodert ihr gleichermaßen freies wie präzises Spiel, ohne dass sie je den Song aus den Augen verlieren.

Sebastian Meißner, Sounds And Books

The Luminessence-reissue of Kenny Wheeler’s Gnu High excites a UK reviewer

 

Long rated a pearl of post-bop jazz, Wheeler’s famous quartet session with Keith Jarrett, Dave Holland and Jack DeJohnette is here reissued on premium vinyl in what ECM calls its new audiophile ‘Luminessence’ series. Great sound and sturdy gatefold packaging – which does full justice to Tadayuki Naito’s original cover photograph – are complemented by a fine text from trumpeter Nick Smart, head of jazz at the Royal Academy of Music and friend, colleague and biographer of Wheeler (1930–2014). Playing glorious flugelhorn throughout, Wheeler was 45 when the (largely) extensive suites of ‘Gnu High’ were recorded in New York in the summer of 1975. […] The result remains one of the finest group recordings in all jazz, the ever-flowing music projecting an exemplary plasticity of poetic, even painterly, expression. Unmissable!

Michael Tucker, Jazz Journal

Acclaim from the US for the fifth and final recording of the Prism series by the Danish String Quartet

 

This is the last outing in Danish String Quartet’s ‘Prism’ series. Each of the five recordings has included a late Beethoven string quartet, a related Bach fugue, and a later work influenced by Beethoven. Prism V’s program begins with ‘Vor deinen Thron tret’ich,’ Bach’s chorale prelude BWV 668, arranged for string quartet. It also includes ‘Contrapunctus 14’ from Bach’s Art of Fugue, Anton Webern’s String Quartet (1905), and Beethoven’s String Quartet in F Major, Op. 135. The performance of the chorale prelude is beautiful, played with expressive tone and ardent phrasing, with the Danish Quartet not pretending to be playing on period instruments […] It is an enormously fruitful collection of pieces. One waits with anticipation to see what the Danish String Quartet will next commit to disc. It will surely be as elegantly curated as the ‘Prism’ series.

Christian Carey, Sequenza 21